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Funktionenfolgen

158
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\selectlanguage{german}
\chapter{Der Riemannsche Abbildungssatz}
\begin{satz}[Riemannscher Abbildungssatz]\label{satz:14-5-1}%
\index{Riemannscher Abbildungssatz}%
Es sei $U \subsetneq \bC$ offen, zusammenhängend und einfach zusammenhängend.
Dann ist $U$ biholomorph zur Kreisscheibe $B_1(0)$.
\end{satz}
\begin{bem}
Die Annahme $U \subsetneq \mathbb{C}$ ist wichtig, denn $U = \mathbb{C}$ ist
nicht biholomorph zu $B_1(0)$.
\end{bem}
\section{Der Satz von Montel}
Ein wesentlicher technisches Hilfsmittel im Beweis ist der folgende Satz über
gleichmäßig beschränkte Funktionenfolgen. In der Literatur findet man statt
„gleichmäßig beschränkt“ manchmal auch den Begriff „betragsmäßig simultan
beschränkt“.
\begin{defn}[Gleichmäßig beschränkte Funktionenfolgen]\label{def:15-0-3}%
Sei $U \subset \bC$ offen. Eine Funktionenfolge $f_n : U \to \bC$ ist
\emph{gleichmäßig beschränkt}\index{gleichmäßig beschränkte Funktionenfolge},
wenn eine Zahl $R \in \bR$ existiert, sodass für jedes $p \in U$ und jedes $n
\in \bN$ die Ungleichung $|f_n(p)| < R$ gilt. Die Funktionenfolge ist
\emph{lokal gleichmäßig beschränkt}\index{local gleichmäßig beschränkte
Funktionenfolge}, wenn jeder Punkt $p \in U$ eine Umgebung $V = V(p) \subset
U$ hat, sodass $f_n|_V : V \to \bC$ gleichmäßig beschränkt ist.
\end{defn}
\begin{satz}[Satz von Montel\footnote{Paul Antoine Aristide Montel (* 29.~April
1876 in Nizza; † 22.~Januar 1975 in Paris) war ein französischer Mathematiker.}]\label{satz:15-0-4}%
Es sei $U \subset \bC$ offen und $f_n \in \sO(U)$ eine lokal gleichmäßig
beschränkte Folge von holomorphen Funktionen. Dann gibt es eine Teilfolge,
die lokal gleichmäßig konvergiert.
\end{satz}
\begin{erinnerung}[Satz von Heine\footnote{Heinrich Eduard Heine (* 18.~März
1821 in Berlin; † 21.~Oktober 1881 in Halle (Saale)) war ein deutscher
Mathematiker und Hochschullehrer.}--Borel\footnote{Félix Édouard Justin
Émile Borel (* 7.~Januar 1871 in Saint-Affrique, Département Aveyron, Region
Midi-Pyrénées; † 3.~Februar 1956 in Paris) war ein französischer
Mathematiker und Politiker. }]%
Es sei $a_n$ eine beschränkte Folge von komplexen Zahlen. Dann gibt es eine
konvergente Teilfolge. Im Kontext von Satz~\ref{satz:15-0-4} bedeutet das:
wenn ein Punkt $p \in U$ gegeben ist, dann gibt es eine Teilfolge $f_{n_1},
f_{n_2}, \ldots$, sodass $f_{n_k}(p)$ konvergiert.
\end{erinnerung}
\begin{vorueberlegung}[Vorbereitung 1 zum Satz von Montel]\label{vor:15-0-4}%
Wir wissen, dass es eine abzählbare Basis der Topologie gibt. Insbesondere
gibt es eine abzählbare, dichte Teilmenge $p_1, p_2, p_3, \ldots$ von $U$.
\begin{itemize}
\item Es gibt Teilfolgen $f_{n_1'}, f_{n_2'}, f_{n_3'}, \ldots$, die bei
$p_1$ konvergiert.
\item Davon gibt es Teilfolgen $f_{n_1''}, f_{n_2''}, f_{n_3''}, \ldots$,
die bei $p_1$ und $p_2$ konvergiert.
\item
\end{itemize}
Am Ende gilt: Die Teilfolge $f_{n_1'}, f_{n_2'}, f_{n_3'}, \ldots$ konvergiert bei
allen $p_k$!
\end{vorueberlegung}
\begin{vorueberlegung}[Vorbereitung 2 zum Satz von Montel]\label{vor:15-0-5}%
Wenn eine Kreisscheibe $\overline{B_r(p)} \subset U$ gegeben ist, dann gilt
für jede Zahl $n \in \bN$ und jeden Punkt $w \in B_r(p)$ nach der
Integralformel für Ableitungen die Gleichung
\[
f_n'(w) = \frac{1}{2\pi} \int_{\partial B_r(p)} \frac{f_n(z)}{(z-w)^2}\,dz.
\]
Beachte:
\begin{itemize}
\item Die Funktionswerte $f_n(z)$ ist per Annahme betragsmäßig beschränkt.
\item Auf $B_{r/2}(p)$ ist die Funktion $\frac{1}{(z-w)^2}$ ebenfalls
betragsmäßig beschränkt.
\end{itemize}
Wir erhalten: Die Funktion $f_n'(w)$ ist lokal beschränkt. Genauer: es
existiert $M \in \bR$, sodass für jede Zahl $n \in \bN$ und jeden Punkt $w \in
B_{r/2}(p)$ die Ungleichung
\[
|f_n'(w)| < M
\]
gilt.
\end{vorueberlegung}
Der folgenden Mittelwert- und Beschränktheitssätz sing nun eine direkte
Konsequenz der Vorüberlegung~\ref{vor:15-0-5}.
\begin{konsequenz}[Mittelwertsatz]
In der Situation von Satz~\ref{satz:15-0-4} sei eine Kreisscheibe
$\overline{B_r(p)} \subset U$ gegeben. Dann existiert eine Zahl $M \in \bR$,
sodass für jede Zahl $n \in \bN$ und jeden Punkt $w \in B_{r/2}(p)$ die
Ungleichung
\[
|f_n(p) - f_n(w)| < M \cdot |p-w|
\]
gilt. \qed
\end{konsequenz}
\begin{konsequenz}[Beschränktheitssatz]\label{kon:15-0-6}%
In der Situation von Satz~\ref{satz:15-0-4} sei ein Punkt $p \in U$ und eine
Zahl $\varepsilon > 0$ gegeben. Dann existiert eine positive Zahl $\delta_{p,
\varepsilon} > 0$, sodass die Kreisscheibe $B_{\delta_{p, \varepsilon}}(p)$
ganz in $U$ liegt und
für jede Zahl $n \in \bN$ und jeden Punkt $w \in B_{\delta_{p,
\varepsilon}}(p)$ die Ungleichung
\[
|f_n(p) - f_n(w)| < \varepsilon/3
\]
gilt. \qed
\end{konsequenz}
\begin{proof}[Beweis des Satzes~\ref{satz:15-0-4} von Montel]
Nach Vorüberlegung~\ref{vor:15-0-4} können wir die Folge $f_n$ (falls nötig)
durch eine Teilfolge ersetzen und ohne Beschränkung der Allgemeinheit
annehmen, dass eine abzählbare, dichte Teilmenge $p_1, p_2, \ldots \in U$
existiert, sodass $f_n(p_k)$ konvergiert.
Wir werden zeigen, dass die Folge $f_n$ dann bereits lokal gleichmäßig
konvergiert: gegeben ein Kompaktum $K \subset U$, so gibt es für jedes
$\varepsilon > 0$ einen Index $N$, sodass für alle $n, m > N$ und jedes $p \in
K$ die Ungleichung
\[
|f_n(p) - f_m(p)| < \varepsilon
\]
gilt. Seien also $K$ und $\varepsilon$ gegeben.
Man beachte: Die Kreisscheiben $B_{\delta(p_i, \varepsilon/3)}(p_i)$ aus
Konsequenz~\ref{kon:15-0-6} (``Beschränktheitssatz'') bilden eine offene
Überdeckung von $U$. Weil $K$ kompakt ist, überdecken endlich viele dieser
Kreisscheiben die Menge $K$. Nach Umnummerierung seien dies
\[
B_{\delta_{p_1, \varepsilon/3}}(p_1), \ldots, B_{\delta_{p_\ell,
\varepsilon/3}}(p_\ell).
\]
Jetzt kann ich nach Annahme $N \in \bN$ wählen, sodass alle $n, m > N$ und jeden Index $1 \leq i \leq \ell$ die Ungleichung
\[
|f_n(p_i) - f_m(p_i)| < \varepsilon/3.
\]
gilt. Gegeben irgendeinen $p \in K$, so gibt es nun ein $p_i$, mit $1 \leq i \leq
\ell$, sodass $p \in B_{\delta_{p_i, \varepsilon/3}}(p_i)$ ist und für alls $n, m >
N$ gilt:
\begin{align*}
|f_n(p_i) - f_m(p)| & = |f_n(p) - f_n(p_i) + f_n(p_i) - f_m(p_i) + f_m(p_i) - f_m(p)| \\
& \leq |f_n(p) - f_n(p_i)| + |f_n(p_i) - f_m(p_i)| + |f_m(p_i) - f_m(p)| \\
& \leq \varepsilon.
\end{align*}
Damit ist der Satz bewiesen.
\end{proof}
% !TEX root = Funktionentheorie

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\usepackage{tikz}
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\newtheorem{situation}[thm]{Situation}
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\newtheorem{konsequenz}[thm]{Konsequenz}
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\part{Weiterführende Themen}
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