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\chapter{Integration über stetig differenzierbare Wege}
\section{Integration von vektorwertigen Funktionen}
In diesem Abschnitt ist $[a,b]$ stets ein nicht leeres, kompaktes Intervall.
Weiter sei $V$ ein reeller, endlich-dimensionaler Vektorraum.
\begin{definition}[Integration von Funktionen mit Werten im $^n$]\label{def:3-1-1}%
Gegeben eine stetige Abbildung $f : [a,b]^n$, dann definiert man
\[
\int_a^b f(t) \, dt ∈ ^n
\]
durch komponentenweise Integration. Wenn $f$ differenzierbar ist, dann
definiert man
\[
f' : [a,b]^n
\]
durch komponentenweise Differentiation.
\end{definition}
\begin{definition}[Integration von vektorwertigen Funktionen]
Gegeben eine stetige Abbildung $f: [a,b] → V$, dann wählt man eine Basis von
$V$, um $V$ mit $^n$ zu identifizieren, definiert $\int_a^b f(t) \, dt$ und
$f'$ mithilfe von Definition~\ref{def:3-1-1} und rechnet nach, dass das
Ergebnis jeweils nicht von der Wahl der Basis abhängt.
\end{definition}
\begin{bsp}
Es ist
\[
\int_0^{2π} \exp(i · t) \, dt = \begin{pmatrix} \int_0^{2π} \cos(t) \, dt \\ \int_0^{2π} \sin(t) \, dt \end{pmatrix} = 0.
\]
\end{bsp}
Die folgenden Aussagen sollten Ihnen aus den Analysis-Vorlesungen bekannt sein.
\begin{prop}
Sei $f: [a,b] → V$ stetig. Dann gilt Folgendes.
\begin{enumerate}
\item Für jedes $c ∈ (a,b)$ gilt $\int_a^b f(t) \, dt = \int_a^c f(t) \, dt +
\int_c^b f(t) \, dt$.
\item Wenn $W$ reell-dimensionaler $$-Vektorraum ist und $φ: V → W$ linear,
dann ist
\[
\int_a^b (φ ◦ f)(t) \, dt = φ \left( \int_a^b f(t) \, dt \right).
\]
\item Wenn $f \equiv \vec{v}$ konstant ist, dann ist $\int_a^b f(t) \, dt =
(b-a) · \vec{v}$
\item Für jede Norm auf $V$ gilt $\left\| \int_a^b f(t) \, dt \right\|
\int_a^b \|f(t)\| \, dt.$ \qed
\end{enumerate}
\end{prop}
Wir erinnern uns an Analysis I: Integration ist einfach, wenn ich eine
Stammfunktion habe.
\begin{definition}[Stammfunktionen]\label{def:3-1-5}%
Sei $f: [a,b] → V$ stetig. Eine Abbildung $F: [a,b] → V$ heißt
Stammfunktion\index{Stammfunktion!von Funktion auf $$} von $f$, falls $F$
differenzierbar ist und die Gleichung $F' = f$ gilt.
\end{definition}
Achtung! Wir werden im Abschnitt~\vref{sec:3-3} noch einen weiteren Begriff von
Stammfunktion einführen, für komplexe Ableitungen von Funktionen auf $$. Bitte
diese Begriffe nicht verwechseln!
\begin{satz}[Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung]
Sei $f: [a,b] → V$ stetig. Dann ist
\[
F: [a,b] → V, \quad t ↦ \int_a^t f(u) \, du
\]
eine Stammfunktion \qed
\end{satz}
\begin{satz}[Eindeutigkeit von Stammfunktionen]
Zwei Stammfunktionen unterscheiden sich nur um eine Konstante \qed
\end{satz}
\begin{satz}[Integrale und Stammfunktionen]
Sei $f: [a,b] → V$ stetig und $F$ eine Stammfunktion. Dann ist
\[
\int_a^b f(t) \, dt = F(b) - F(a). \eqno\qed
\]
\end{satz}
\begin{satz}[Integrale und Stammfunktionen]
Sei $f: [a,b] → V$ stetig und $F$ eine Stammfunktion. Dann ist
\[
\int_a^b f(t) \, dt = F(b) - F(a). \eqno\qed
\]
\end{satz}
\sideremark{Vorlesung 4}
\begin{bsp}[Integrale und Stammfunktionen]
Durch die Formel $\frac{1}{i} \exp(it)$ ist eine Stammfunktion von $\exp(it)$
gegeben. Also ist
\[
\int_0^{2π} \exp(it) \, dt = \frac{1}{i} \left( \exp(2πi) - \exp(2πi · 0) \right) = 0.
\]
\end{bsp}
\subsection{Rechenregeln zur Integration}
\begin{satz}[Substitution]\label{satz:substitution}%
Es sei $[α]$ nicht leer und kompakt, es sei $f: [a,b] → V$ stetig und
$γ: [α][a,b]$ sei differenzierbar. Dann ist
\[
\int_{γ(α)}^{γ(β)} f(t) \, dt = \int_α^β f(γ(s)) · γ'(s) \, ds.
\]
Beachte dabei: Für gegebenes $s$ ist $f(γ(s))$ ein Vektor, und $γ'(s)$ ist
eine reelle Zahl. Das Produkt $f(γ(s)) · γ'(s)$ ist die skalare
Multiplikation, die man traditionell eigentlich immer in anderer Reihenfolge
schreibt, mit dem Skalar links und dem Vektor rechts. \qed
\end{satz}
\begin{satz}[Ableiten unter dem Integral]\label{satz:ableiten-integral}\label{satz:3-1-12}%
Es sei $U ⊂ $ offen, und es sei $(f_t)_{t ∈ [a,b]}$ eine Familie von
holomorphen Funktionen. Falls die Abbildung
\[
f: U [a,b], \quad (z,t) ↦ f_t(z)
\]
und
\[
\frac{∂f}{∂z}: U [a,b], \quad (z,t)\frac{∂f_t}{∂z}(z)
\]
beide stetig sind, dann ist die Abbildung
\[
F: U → , \quad z ↦ \int_0^b f_t(z) \, dt
\]
holomorph und
\[
\frac{dF}{dz}(z) = \int_0^b \frac{∂f_t}{∂z}(z) \, dt. \eqno\qed
\]
\end{satz}
\begin{satz}[Hausaufgabe]
Partielle Integration funktioniert so, wie man denkt.
\end{satz}
\begin{satz}[Hausaufgabe]
Partialbruchzerlegung funktioniert so, wie man denkt:
\[
\frac{1}{1 +} = \frac{i/2}{x+i} + \frac{-i/2}{x-i}.
\]
\end{satz}
\section{Wegintegrale}
\begin{definition}[Wegintegrale]\label{def:3-2-1}%
Sei $U ⊂ $ offen und sei $f: U → $ holomorph. Weiter sei $γ: [a,b] → U$ ein
stetig differenzierbarer Weg. Dann definiert man das
\emph{Wegintegral}\index{Wegintegral!für stetig differenzierbare Wege} als
\[
\int_γ f(z) \, dz := \int_a^b f(γ(t)) · γ'(t) \, dt.
\]
\end{definition}
\begin{bemerkung}\label{bem:3-2-2}
Wir werden späten, in Definition~\vref{def:4-1-5} den Begriff des Wegintegrals
so erweitern, dass wir auch über stetige Wege integrieren können. Bis dahin
bitte ich um Geduld.
\end{bemerkung}
\begin{bsp}[Integration von $z^n$ über den Rand des Einheitskreises]\label{bsp:3-2-2}%
Es sei $U = ^*$ und es sei $f(z) = z^n$. Weiter betrachten wir den Weg
\[
γ: [0,2π]^*, \quad t ↦ r\exp(it),
\]
der einen Kreis mit Radius $r$ um den Nullpunkt beschreibt. Dann ist
\begin{align*}
\int_γ f(z) \, dz &= \int_0^{} \left[ r · \exp(it) \right]^n · ri · \exp(it) \, dt \\
&= i · \int_0^{} r^{n+1} · \exp\bigl((n+1)it\bigr) \, dt \\
&= \begin{cases}
0 & \text{falls } n ≠ -1 \\
2πi & \text{falls } n = -1.
\end{cases}
\end{align*}
\end{bsp}
\begin{erg}[Wegintegrale über stückweise stetig differenzierbare Wege]
Manchmal ist es günstig, auch stückweise stetig differenzierbare Wege
zuzulassen: Sei $U ⊂ $ offen, sei $f ∈ 𝒪(U)$, und sei $γ: [a,b] → U$
stückweise stetig differenzierbar. Dann definiert man
\[
\int_γ f(z) \, dz
\]
als Summe der Integrale über die (endlich vielen) stetig differenzierbaren
Teilwege.
\end{erg}
\subsection{Elementare Fakten zur Wegintegration}
\begin{prop}[Umkehrung des Weges]
In der Situation von Definition~\ref{def:3-2-1} sei $\overline{γ}: [a,b] → U$
derselbe Weg wie $γ$, nur umgekehrt durchlaufen: $\overline{γ}(t) = γ(b+a-t)$.
Dann ist
\[
\int_{\overline{γ}} f(z) \, dz = - \int_γ f(z) \, dz. \eqno\qed
\]
\end{prop}
\begin{prop}[Unabhängigkeit von der Parametrisierung]
In der Situation von Definition~\ref{def:3-2-1} sei $δ : [c, d][a,b]$
stetig differenzierbar mit $δ(c) = a$ und $δ(d) = b$. Dann ist
\[
\int_{γ ◦ δ} f(z) \, dz = \int_γ f(z) \, dz.
\]
\end{prop}
\begin{proof}
Um die Notation zu entwickeln, schreibe
\[
φ: [a,b], \quad φ(t) = f(γ(t)) · γ'(t).
\]
Dann
\begin{align*}
\int_γ f(z) \, dz &= \int_a^b f(γ(t)) · γ'(t) \, dt = \int_a^b φ(t) \, dt \\
&= \int_c^d φ(δ(s)) · δ'(s) \, ds && \text{Substitutionsregel} \\
&= \int_c^d f\bigl((γ ◦ δ)(s)\bigr) · γ'(δ(s)) · δ'(s) \, ds \\
&= \int_c^d f\bigl((γ ◦ δ)(s)\bigr) · (γ ◦ δ)' \, ds && \text{reell-komplexe Kettenregel} \\
&= \int_{γ ◦ δ} f(z) \, dz. && \qedhere
\end{align*}
\end{proof}
\begin{beobachtung}[Abschätzungen]\label{beob:3-2-7}%
Wir bleiben in der Situation von Definition~\ref{def:3-2-1} und erinnern uns
daran, dass die Länge des Weges $γ$ durch die Formel
\[
L(γ) := \int_0^b |γ'(t)| \, dt
\]
gegeben ist. Damit erhalten wir die Abschätzung
\[
\left| \int_γ f(z) \, dz \right| ≤ \int_a^b |f(γ(t))| · |γ'(t)| \, dt ≤ \sup_{t ∈ [a,b]} |f(γ(t))| · L(γ).
\]
\end{beobachtung}
\section{Komplexe Stammfunktionen}
\label{sec:3-3}
\begin{definition}[Stammfunktion]\label{def:3-3-1}%
Sei $U ⊂ $ offen und $f: U → $ stetig. Eine holomorphe Funktion $F: U → $
heißt \emph{komplexe Stammfunktion}\index{Stammfunktion!von Abbildung auf
$$} von $f$, wenn $F' = f$ ist.
\end{definition}
Wir haben zwei Begriffe von Stammfunktionen: Definition~\ref{def:3-1-5} für
Funktionen auf reellen Intervallen $φ: [a,b]$, und
Definition~\ref{def:3-3-1} für Funktionen $φ: U → $ auf offenen Mengen von $$.
Die Begriffe hängen offenbar zusammen.
\begin{beobachtung}[Reelle und komplexe Stammfunktionen]
Es sei $U ⊂ $ offen, es sei $f: U → $ stetig mit Stammfunktion $F: U → $.
Weiter sei $γ: [a,b] → U$ stetig differenzierbar. Dann ist
\begin{align*}
(F ◦ γ)' & = (F' ◦ γ) · γ' && \text{reell-komplexe Kettenregel} \\
& = (f ◦ γ) · γ'
\end{align*}
Zusammenfassung: Im Sinne von Definition~\ref{def:3-1-5} ist $F◦γ$ eine
Stammfunktion von $(f◦γ)·γ'$. Also gilt nach dem Hauptsatz der Differenzial-
und Integralrechnung die Gleichung
\[
\int_γ f(z) \, dz = \int_a^b [f ◦ γ(t)] · γ'(t) \, dt = [F ◦ γ](b) - [F ◦ γ](a).
\]
\end{beobachtung}
\subsection{Berechnung von Wegintegralen mithilfe von Stammfunktionen}
\begin{kons}[Wegintegrale bei Existenz von Stammfunktionen]\label{kons:3-3-3}%
Wenn in der Situation von Definition~\ref{def:3-2-1} eine Stammfunktion von
$f$ existiert, dann hängt das Wegintegral $\int_γ f(z) \, dz$ nur vom Start-
und Endpunkt des Weges ab, aber nicht vom Weg selbst. Insbesondere gilt: Wenn
$γ$ ein geschlossener Weg ist (d.h.~Startpunkt = Endpunkt), dann ist $\int_γ
f(z) \, dz = 0$.
\end{kons}
\begin{bsp}[Wegintegrale bei Existenz von Stammfunktionen]
Betrachte die Situation von Beispiel~\ref{bsp:3-2-2}. Für $n ≠ -1$ ist
$\frac{1}{n+1} · z^{n+1}$ eine Stammfunktion von $z^n$. Also ist für $n ≠ -1$
das Integral
\[
\int_γ z^n \, dz = 0, \quad \text{wo } γ: [0,2π]^*, \quad t ↦ \exp(it).
\]
Für $n = -1$ gibt es keine auf ganz $^*$ definierte Stammfunktion, denn das
wäre der Logarithmus.
\end{bsp}
\begin{kons}[Funktionen mit verschwindender Ableitung]\label{kons:3-2-11}%
Sei $U ⊂ $ offen und sei $f: U → $ holomorph mit $f' \equiv 0$. Dann ist
$f$ lokal konstant.
\end{kons}
Vor dem Beweis der Konsequenz~\ref{kons:3-2-11} erinnere ich an zwei elementare
Fakten der Analysis und Topologie.
\begin{fakt}[Zerlegung in Zusammenhangskomponenten]\label{fakt:3-2-12}%
Sei $U ⊂ $ offen. Dann kann ich $U$ auf eindeutige Weise schreiben als
\[
U = \bigcup_{α ∈ A} U_α,
\]
wobei die Teilmengen $U_α$ offen, zusammenhängend und disjunkt sind.
\qed
\end{fakt}
\begin{fakt}[Zusammenhang und Wegzusammenhang]\label{fakt:3-2-13}%
Wenn $U ⊂ $ offen und zusammenhängend ist, und wenn $z_1, z_2 ∈ U$ sind, dann
gibt es einen stetig differenzierbaren Weg $γ: [0,1] → U$ mit $γ(0) = z_1$ und
$γ(1) = z_2$. \qed
\end{fakt}
\begin{proof}[Beweis von Konsequenz~\ref{kons:3-2-11}]
Nach Fakt~\ref{fakt:3-2-12} können wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit
annehmen, dass die offene Menge $U$ zusammenhängend ist. Seien nun zwei
Punkte $z_1, z_2 ∈ U$ gegeben. Nach Fakt~\ref{fakt:3-2-13} gibt es einen
stetig differenzierbaren Weg $γ: [0,1] → U$ mit $γ(0) = z_1$ und $γ(1) = z_2$.
Dann ist aber
\[
f(z_2) - f(z_1) = \int_γ f'(z) \, dz = \int_γ 0 \, dz = 0.
\]
Da dies für alle Punkte $z_1, z_2 ∈ U$ gilt, ist die Konstanz der Funktion
$f$ gezeigt.
\end{proof}
\subsection{Konstruktion von Stammfunktionen durch Wegintegrale}
\sideremark{Vorlesung 5}
Wir erinnern uns an die Ergebnisse des letzten Abschnitts: Es sei $U ⊂ $ offen
und es sei $f: U → $ stetig. Wenn $f$ eine Stammfunktion $F: U → $ besitzt,
dann gilt nach Konsequenz~\ref{kons:3-3-3} für jeden (stückweise) stetig
differenzierbaren Weg $γ: [a,b] → U$ die Gleichung
\[
\int_γ f(z)\, dz = F(γ(b)) - F(γ(a)).
\]
Das Wegintegral hängt also nur von Start- und Endpunkt ab. Insbesondere gilt:
Wenn der Weg $γ$ geschlossen ist (das bedeutet: $γ(a) = γ(b)$), dann ist
\[
\int_γ f(z)\, dz = 0.
\]
Ziel dieses Kapitels ist die Umkehrung dieser Aussage: Wir wollen zeigen, dass
die Existenz einer Stammfunktion bereits aus der Tatsache folgt, dass das
Wegintegral nur von Start- und Endpunkt abhängt. Die folgende Beobachtung wird
beim Beweis helfen.
\begin{beobachtung}
Es sei $U ⊆ $ offen und es sei $f: U → $ eine Funktion, sodass für jeden
geschlossenen Weg $γ$ stets $\int_γ f(z)\, dz = 0$ ist. Gegeben seien zwei
(stückweise) stetig differenzierbare Wege
\[
γ_1: [a_1, b_1] → U \qquad γ_2: [a_2, b_2] → U
\]
mit identischem Start- und Endpunkt,
\[
γ_1(a_1) = γ_2(a_2) =: z_a
\quad\text{und}\quad
γ_1(b_1) = γ_2(b_2) =: z_b.
\]
Wir wollen zeigen, dass die Wegintegrale über $γ_1$ und $γ_2$ gleich sind.
Dazu betrachten wir den Weg, der zuerst $γ_1$ hin und dann $γ_2$ zurück
durchläuft. Genauer: Betrachte den folgenden, stückweise stetig
differenzierbaren Weg
\[
δ: [a_1, (b_1 - a_1), (b_2 - a_2)] → U, \quad t ↦
\begin{cases}
γ_1(t + a_1) & \text{falls } t < b_1 - a_1 \\
γ_2(b_2 + b_2 - a_1 - t) & \text{sonst}.
\end{cases}
\]
Dann gilt:
\begin{align*}
0 & = \int_{δ} f(z)\, dz && \text{weil $δ$ geschlossen} \\
& = \int_{γ_1} f(z)\, dz - \int_{γ_2} f(z)\, dz.
\end{align*}
Also folgt:
\[
\int_{γ_1} f(z)\, dz = \int_{γ_2} f(z)\, dz.
\]
Zusammenfassung: Wenn das Wegintegral über jeden geschlossenen Weg
verschwindet, dann hängen die Wegintegral $\int_• f(z)\, dz$ nur von Start-
und Endpunkt ab.
\end{beobachtung}
\begin{satz}[Existenz von Stammfunktionen]\label{satz:3-3-9}%
Sei $U ⊂ $ offen, und sei $f: U → $ stetig. Falls die Wegintegrale $\int_
f(z)\, dz$ nur von Start- und Endpunkt abhängen, dann existiert eine
Stammfunktion.
\end{satz}
\begin{proof}
Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass die offene Menge
$U$ zusammenhängend ist -- ansonsten betrachte die Zusammenhangskomponenten
einzeln. Wähle einen Punkt $z_0 ∈ U$. Die Annahme, dass Wegintegrale nur von
Start- und Endpunkt abhängen, erlaubt die Definition der folgenden Funktion:
\[
F: U → , \quad z ↦ \int_γ f(z)\, dz, \text{ wobei $γ$ ein Weg ist, der $z_0$ und $z$ verbindet.}
\]
Ich behaupte, dass $F$ eine Stammfunktion von $f$ ist. Dazu müssen wir
zeigen, dass $F$ an jedem Punkt von $U$ komplex differenzierbar ist und dass
$F' = f$ gilt. Sei also ein Punkt $p ∈ U$ gegeben. Wir müssen zeigen, dass
\begin{equation}\label{eq:3-3-9-1}
\lim_{h → 0} \frac{F(p+h) - F(p)}{h} = f(p)
\end{equation}
ist. Dazu wähle irgendeinen Weg $δ: [0, 1] → U$ mit $δ(0) = z_0$, und $δ(1) =
p$. Für komplexe Zahlen $h$ von hinreichend kleinem Betrag ist die
Kreisscheibe um $p$ mit Radius $|h|$ komplett in $U$ enthalten. Gegeben ein
solches $h$, betrachten wir den Weg
\[
γ_h: [0, 1] → U, \quad t ↦ p + t · h.
\]
Dann ist
\[
F(p) = \int_{δ} f(z)\, dz \quad\text{und}\quad F(p+h) = \int_{δ} f(z)\, dz + \int_{γ_h} f(z)\, dz.
\]
Also gilt für jede komplexe Zahl $h$ mit ausreichend kleinem Betrag die
Gleichung
\begin{align*}
\frac{F(p+h) - F(h)}{h} & = \frac{\int_{γ_h} f(z)\, dz}{h} \\
& = \frac{1}{h} \int_0¹ f(γ_h(t)) · γ_h'(t)\, dt \\
& = \frac{1}{h} \int_0¹ f(p + t · h) · h\, dt \\
& = \int_0¹ f(p + th)\, dt.
\end{align*}
Gleichung~\eqref{eq:3-3-9-1} folgt sofort, weil $f$ bei $p$ stetig ist!
\end{proof}
\section{Stammfunktionen auf der Kreisscheibe}
\subsection{Rechteckwege}
Satz~\ref{satz:3-3-9} gibt es sehr allgemein. Die Voraussetzung ist aber sehr
stark: Das Wegintegral muss über jeden geschlossenen Weg verschwinden. Das ist
in der Praxis schwer zu überprüfen. Wir wollen daher eine Variante des Satzes
beweisen, die eine schwächere Voraussetzung hat. Dazu betrachten statt
beliebigen nur noch achsenparallele Wege der folgenden Art.
\begin{center}
\begin{tikzpicture}
\draw[->] (0,0) -- (2,0) node[midway,below] {$γ_1$};
\draw[->] (2,0) -- (2,1.5) node[midway,right] {$γ_2$};
\end{tikzpicture}
\end{center}
Statt beliebiger geschlossener Wege betrachtet man nur „Rechteckwege“ der
folgenden Art.
\begin{center}
\begin{tikzpicture}
\draw[->] (0,0) -- (2,0) node[midway,below] {$γ_1$};
\draw[->] (2,0) -- (2,1.5) node[midway,right] {$γ_2$};
\draw[->] (2,1.5) -- (0,1.5) node[midway,above] {$γ_3$};
\draw[->] (0,1.5) -- (0,0) node[midway,left] {$γ_4$};
\end{tikzpicture}
\end{center}
\begin{notation}[Randintegrale über Rechtecke]\label{not:3-4-1}%
Gegeben eine offene Menge $U ⊆ $, ein achsenparalleles Rechteck $\mathcal{R}
⊂ U$ und eine stetige Funktion $f : U → $, dann nennt man
\[
\int_{\mathcal{R}} f(z)\, dz := \int_{γ_1} f(z)\, dz + \int_{γ_2} f(z)\, dz + \int_{γ_3} f(z)\, dz + \int_{γ_4} f(z)\, dz
\]
das \emph{Randintegral}\index{Randintegral} über das Rechteck $\mathcal{R}$.
\end{notation}
\begin{bemerkung}
In Notation~\ref{not:3-4-1} meinen ich mit dem Rechteck $\mathcal{R}$ die
(topologisch abgeschlossene) Rechtecksfläche. Mit $\mathcal{R} ⊂ U$ meine ich
also, dass das gesamte Rechteck in $U$ liegt, also nicht nur der Rand.
\end{bemerkung}
\begin{satz}[Stammfunktionen auf der Kreisscheibe I]\label{satz:3-3-11}%
Es sei $U = \{z ∈ \mid |z| < 1\}$ die Kreisscheibe und es sei $f: U → $
eine stetige Funktion, sodass das Randintegral über achsenparallele Rechtecke
stets verschwindet. Dann besitzt $f$ eine Stammfunktion.
\end{satz}
\begin{bemerkung}
Die Aussage „Dann besitzt $f$ eine Stammfunktion.“ ist nicht optimal. Es
gilt: „Die Funktion $f$ besitzt genau dann eine Stammfunktion, wenn …“. Die
Umkehrrichtung ist ja schon aus dem letzten Kapitel bekannt.
\end{bemerkung}
\begin{bemerkung}
Satz~\ref{satz:3-3-11} zeigt dieselbe Folgerung wie Satz~\ref{satz:3-3-9},
aber unter schwächeren Voraussetzungen. Also ist der Beweis aufwändiger. Die
Grundidee ist aber dieselbe.
\end{bemerkung}
\begin{proof}[Beweis von Satz~\ref{satz:3-3-11} als Bildgeschichte]
Gegeben irgendeinen Punkt $p ∈ U$, dann kann ich den $0$-Punkt wie folgt durch
zwei achsenparallele Wege mit $p$ verbinden, die ganz innerhalb von $U$
verlaufen. Hier benutze ich natürlich, dass $U$ eine Kreisscheibe ist.
\begin{center}
\begin{tikzpicture}
\draw (0,0) circle (2cm);
\draw[->] (0,0) -- (1.5,0) node[midway,below] {$γ_1$};
\draw[->] (1.5,0) -- (1.5,1) node[midway,left] {$γ_2$};
\node at (1.5,1) [circle,fill,inner sep=1.5pt,label=left:$p$] {};
\node at (0,0) [circle,fill,inner sep=1.5pt,label=below:$0$] {};
\end{tikzpicture}
\end{center}
Definiere damit eine Funktion
\[
F : U → , \quad p ↦ \int_{γ_1} f(z)\, dz + \int_{γ_2} f(z)\, dz.
\]
Ich behaupte, dass $F$ eine Stammfunktion von $f$ ist. Dazu müssen wir
zeigen, dass $F$ an jedem Punkt von $U$ komplex differenzierbar ist und dass
$F' = f$ gilt. Sei also ein Punkt $p ∈ U$ gegeben.
Ich diskutiere erst einmal die partielle Ableitung von $F$ nach $x$. Gegeben
eine hinreichend kleine reelle Zahl $h$, betrachte die folgenden Wege, die
wieder vollständig innerhalb von $U$ verlaufen.
\begin{center}
\begin{tikzpicture}[scale=0.8]
\draw[->] (0,0) -- (2,0) node[midway,below] {$γ_1$};
\draw[->] (2,0) -- (3,0) node[midway,below] {$δ_1$};
\draw[->] (2,0) -- (2,2) node[midway,left] {$γ_2$};
\draw[->] (3,0) -- (3,2) node[midway,right] {$δ_2$};
\draw[->] (3,2) -- (2,2) node[midway,above] {$δ_3$};
\node at (2,2) [circle,fill,inner sep=1pt,label=left:$p$] {};
\node at (3,2) [circle,fill,inner sep=1pt,label=right:$p+h$] {};
\node at (0,0) [circle,fill,inner sep=1pt,label=below:$0$] {};
\end{tikzpicture}
\end{center}
Weil das Randintegral über das Rechteck verschwindet, ist
\begin{align*}
F(p + h) & = \int_{γ_1} f(z)\, dz + \int_{δ_1} f(z)\, dz + \int_{δ_2} f(z)\, dz \\
& = \int_{γ_1} f(z)\, dz + \int_{δ_1} f(z)\, dz + \int_{δ_2} f(z)\, dz \\
& \qquad - \left(\int_{δ_1} f(z)\, dz + \int_{δ_2} f(z)\, dz + \int_{δ_3} f(z)\, dz - \int_{γ_2} f(z)\, dz \right) \\
& = \int_{γ_1} f(z)\, dz - \left( \int_{δ_3} f(z)\, dz - \int_{γ_2} f(z)\, dz \right) \\
& = F(p) - \int_{δ_3} f(z)\, dz.
\intertext{Also ist}
F(p+h) - F(p) & = -\int_{δ_3} f(z)\, dz = \int_0¹ f(p + t · h) · h\, dt \\
\end{align*}
und damit
\[
\lim_{h → 0} \frac{F(p+h) - F(p)}{h} = f(p).
\]
Zusammenfassung: Die Funktion $F$ ist am Punkt $p$ partiell nach $x$
differenzierbar und es ist $\frac{∂ F}{∂ x}(p) = f(p)$. Analog beweist man:
Die Funktion $F$ ist am Punkt $p$ partiell nach $y$ differenzierbar und es ist
$\frac{∂ F}{∂ y}(p) = i · f(p)$. Das hat zwei Konsequenzen.
\begin{itemize}
\item Weil $f$ stetig ist, haben wir gezeigt, dass $F$ stetig partiell
differenzierbar ist, also total differenzierbar.
\item Es ist $\frac{∂ F}{\overline{z}} = \frac{∂ F}{∂ x} + i \frac{∂ F}{
y} = 0$. Also erfüllen die partiellen Ableitungen von $F$ die
Cauchy-Riemann-Differenzialgleichungen.
\end{itemize}
In der Summe sehen wir, dass $F$ komplex differenzierbar ist und dass $F' = f$
gilt.
\end{proof}
\subsection{Der Satz von Goursat}
Satz~\ref{satz:3-3-11} beweist die Existenz von Stammfunktionen unter der
Voraussetzung, dass das Randintegral über achsenparallele Rechtecke
verschwindet. Der folgende Satz von Goursat\footnote{Édouard Jean-Baptiste
Goursat (* 21. Mai 1858 in Lanzac, Département Lot, Frankreich; † 25. November
1936 in Paris, Frankreich) war ein französischer Mathematiker, der als Verfasser
eines klassischen Analysis-Lehrbuchs bekannt ist.} zeigt, dass diese
Voraussetzung für holomorphe Funktionen immer erfüllt ist.
Der Satz von Goursat ist ein Spezialfall der viel allgemeineren Integralformel
von Stokes\footnote{Sir George Gabriel Stokes, 1. Baronet PRS (* 13. August 1819
in Skreen, County Sligo; † 1. Februar 1903 in Cambridge) war ein irischer
Mathematiker und Physiker.}, die den Hauptsatz der Differenzial- und
Integralrechnung auf höhere Dimensionen verallgemeinert. Weil sie die Formel
von Stokes in ihren Vorlesungen vielleicht noch nicht kennengelernt haben, gebe
ich hier einen direkten und elementaren Beweis des Satzes von Goursat, der auf
einer Viertelungsargumentation basiert.
\begin{satz}[Satz von Goursat]\label{satz:3-4-6}%
\index{Satz von Goursat!über Wegintegrale}Es sei $U ⊆ $ offen, es sei $f ∈
𝒪(U)$ holomorph und sei $\mathcal{R} ⊂ U$ ein achsenparalleles Rechteck. Dann
gilt:
\begin{equation}\label{eq:3-4-6-1}
\int_{∂ R} f(z) \, dz = 0
\end{equation}
\end{satz}
\begin{proof}[Beweis im Spezialfall]
Wir beweisen die Aussage zuerst im Spezialfall, dass $f$ in $R$ sogar konstant
ist. In diesem Fall ist das Integral über jede Kante des Rechtecks das
Integral einer Konstanten über eine Strecke, also der Wert der Konstanten
multipliziert mit der Länge der Strecke. Da die Kanten des Rechtecks
paarweise entgegengesetzt orientiert sind, heben sich die Integrale über die
gegenüberliegenden Kanten auf, und somit ist das gesamte Randintegral gleich
null.
Analog beweisen wir die Aussage im Spezialfall, dass $f$ in $R$ eine affine
Funktion ist, also die Form $f(z) = a z + b$ mit $a, b ∈ $ hat. Wiederum
heben sich die Integrale über die gegenüberliegenden Kanten des Rechtecks auf,
da die Beiträge der linearen Funktion an den gegenüberliegenden Kanten gleich
groß und entgegengesetzt sind. Somit ist auch in diesem Fall das gesamte
Randintegral gleich null.
\end{proof}
\begin{proof}[Beweis im Allgemeinen]
Der Beweis ist relativ lang und deshalb in mehrere Schritte aufgeteilt. Wie
üblich in der Analysis zeige ich \eqref{eq:3-4-6-1} nicht direkt, sondern
beweise die Aussage: Sei $d$ der Durchmesser des Rechtecks $\mathcal{R}$ und
sei $U$ der Umfang. Dann gilt für alle $ε > 0$ die Abschätzung
\begin{equation}\label{eq:3-4-6-2}
\left|\int_{∂ R} f(z) \, dz\right| ≤ ε · d · U.
\end{equation}
Sei also eine Zahl $ε > 0$ gegeben.
\paragraph*{Schritt 1: Viertelung des Rechtecks}
Teile $R$ durch Mittelsenkrechte in vier kongruente Rechtecke $R_1, R_2, R_3,
R_4$. Die Integrale über die inneren Kanten heben sich paarweise auf
(entgegengesetzte Orientierung), daher gilt
\[
\int_{∂ R} f(z) \, dz = \sum_{j=1}\int_{∂ R_j} f(z) \, dz.
\]
\paragraph{Schritt 2: Auswahl}
Nach der Dreiecksungleichung gilt die Ungleichung
\[
\left|\int_{∂ R} f(z) \, dz\right| ≤ \sum_{j=1}\left|\int_{∂ R_j} f(z) \, dz\right|.
\]
Also existiert (mindestens) ein Index $j$ mit:
\[
\left|\int_{∂ R_j} f(z) \, dz\right| ≥ \frac{1}{4}\left|\int_{∂ R} f(z) \, dz\right|
\]
Wähle ein solches Rechteck und nenne es $R^{(1)}$.
\paragraph{Schritt 3: Iteration}
Wiederhole dieses Verfahren: Teile $R^{(1)}$ in vier Teile, wähle $R^{(2)}$
mit
\[
\left|\int_{∂ R^{(2)}} f(z) \, dz\right| ≥ \frac{1}{4}\left|\int_{∂ R^{(1)}} f(z) \, dz\right|
\]
und so weiter. Wir erhalten eine Folge geschachtelter Rechtecke,
\[
R = R^{(0)} ⊃ R^{(1)} ⊃ R^{(2)} ⊃ ⋯
\]
mit folgenden Eigenschaften.
\begin{enumerate}
\item Für jede Zahl $n$ sei $d_n$ der \textbf{Durchmesser} des Rechtecks
$R^{(n)}$. Dann ist $d_n = 2^{-n}·d$.
\item\label{il:3-4-6-4} Für jede Zahl $n$ sei $U_n$ der \textbf{Umfang} des
Rechtecks $R^{(n)}$. Dann ist $U_n = 2^{-n}·U$.
\item\label{il:3-4-6-5} Entsprechend der Auswahl der Rechtecke gilt die
\textbf{Integralabschätzung}
\[
\left|\int_{∂ R^{(n)}} f(z) \, dz\right| ≥ 4^{-n}\left|\int_{∂ R} f(z) \, dz\right|.
\]
\end{enumerate}
\paragraph{Schritt 4: Konvergenzpunkt}
Da die Rechtecke geschachtelt sind und ihre Durchmesser gegen 0 gehen,
existiert genau ein Punkt: $z_0\bigcap_{n=1}^∞ R^{(n)}$. Dieser Punkt liegt
in $R ⊂ G$.
\paragraph{Schritt 5: Komplexe Differenzierbarkeit}
Da $f$ in $z_0$ komplex differenzierbar ist, gilt:
\begin{equation}\label{eq:3-4-6-6}
f(z) = f(z_0) + f'(z_0)(z - z_0) + r(z),
\end{equation}
wobei der Rest $r(z)$ die Eigenschaft hat:
\[
\lim_{z → z_0} \frac{r(z)}{z - z_0} = 0.
\]
Das bedeutet: Zu unserem gegebenen $ε > 0$ existiert $δ > 0$, sodass für jeden
Punkt $z$ mit $|z - z_0| < δ$ gilt:
\begin{equation}\label{eq:3-4-6-7}
|r(z)| ≤ ε |z - z_0|.
\end{equation}
\paragraph{Schritt 6: Integralabschätzung}
Für hinreichend großes $n$ liegt $R^{(n)}$ ganz in der $δ$-Um\-gebung von
$z_0$. Für jedes $z ∈ ∂ R^{(n)}$ mit $|z - z_0| ≤ d_n = 2^{-n} d$ gilt dann
nach~\eqref{eq:3-4-6-7} die Ungleichung
\begin{equation}\label{eq:3-4-6-8}
|r(z)| ≤ ε · 2^{-n} d.
\end{equation}
Wir erhalten damit die folgende Integralabschätzung:
\begin{align*}
\left|\int_{∂ R^{(n)}} f(z) \, dz \right| &= \left|\int_{∂ R^{(n)}} f(z_0) + f'(z_0)(z-z_0) + r(z) \, dz \right| && \text{\eqref{eq:3-4-6-6}}\\
& = \left|\int_{∂ R^{(n)}} r(z) \, dz \right| && \text{Beweis im Spezialfall} \\
&\int_{∂ R^{(n)}} \left|r(z) \right| \, dz && \text{Dreiecksungleichung} \\
&\max_{z ∈ ∂ R^{(n)}} |r(z)| · U_n && \text{Monotonie} \\
& ≤ ε · 2^{-n}·d·U_n && \text{\eqref{eq:3-4-6-7}} \\
& = ε · 2^{-n}· d·2^{-n}·U && \text{\ref{il:3-4-6-4}} \\
& = ε · 4^{-n}·d·U.
\end{align*}
\paragraph{Schritt 7: Ende des Beweises}
In der Summe aller bisheriger Schritte finden wir
\begin{align*}
\left|\int_{\mathcal{R}} f(z) \, dz \right| &≤ 4^n \left|\int_{∂ R^{(n)}} f(z) \, dz\right| && \text{\ref{il:3-4-6-5}} \\
& ≤ 4^n·ε·4^{-n}·d·U = ε·d·U && \text{Schritt 6.}
\end{align*}
Das ist Ungleichung~\eqref{eq:3-4-6-2}, die zu zeigen war.
\end{proof}
\begin{kor}[Stammfunktionen auf der Kreisscheibe II]\label{kor:3-4-7}%
Es sei $U = \{z ∈ \mid |z| < 1\}$ die Kreisscheibe und es sei $f: U → $
holomorph. Dann besitzt $f$ eine Stammfunktion. \qed
\end{kor}
% !TEX root = Funktionentheorie