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@@ -11,3 +11,6 @@ Quotientengruppe
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homotop
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zusammenziehbar
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Lebesgue-Zahl
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homotope
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Homotopieinvarianz
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zusammenziehbarer
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@@ -9,18 +9,23 @@ In diesem Abschnitt ist $[a,b] ⊂ ℝ$ stets ein nicht leeres, kompaktes Interv
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Weiter sei $V$ ein reeller, endlich-dimensionaler Vektorraum.
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\begin{definition}[Integration von Funktionen mit Werten im $ℝ^n$]\label{def:3-1-1}%
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Gegeben eine stetige Abbildung $f: [a,b] → ℝ^n$, dann definiert man
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Gegeben eine stetige Abbildung $f : [a,b] → ℝ^n$, dann definiert man
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\[
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\int_a^b f(t) \, dt ∈ ℝ^n
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\]
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durch komponentenweise Integration.
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durch komponentenweise Integration. Wenn $f$ differenzierbar ist, dann
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definiert man
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\[
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f' : [a,b] → ℝ^n
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\]
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durch komponentenweise Differentiation.
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\end{definition}
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\begin{definition}[Integration von vektorwertigen Funktionen]
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Gegeben eine stetige Abbildung $f: [a,b] → V$, dann wählt man eine Basis von
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$V$, um $V$ mit $ℝ^n$ zu identifizieren, definiert $\int_a^b f(t) \, dt$
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mithilfe von Definition~\ref{def:3-1-1} und rechnet nach, dass das Ergebnis
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nicht von der Wahl der Basis abhängt.
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$V$, um $V$ mit $ℝ^n$ zu identifizieren, definiert $\int_a^b f(t) \, dt$ und
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$f'$ mithilfe von Definition~\ref{def:3-1-1} und rechnet nach, dass das
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Ergebnis jeweils nicht von der Wahl der Basis abhängt.
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\end{definition}
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\begin{bsp}
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@@ -52,12 +57,19 @@ Die folgenden Aussagen sollten Ihnen aus den Analysis-Vorlesungen bekannt sein.
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\end{enumerate}
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\end{prop}
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\begin{definition}[Stammfunktionen]
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Wir erinnern uns an Analysis I: Integration ist einfach, wenn ich eine
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Stammfunktion habe.
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\begin{definition}[Stammfunktionen]\label{def:3-1-5}%
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Sei $f: [a,b] → V$ stetig. Eine Abbildung $F: [a,b] → V$ heißt
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Stammfunktion\index{Stammfunktion} von $f$, falls $F$ differenzierbar ist und
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die Gleichung $F' = f$ gilt.
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Stammfunktion\index{Stammfunktion!von Funktion auf $\bR$} von $f$, falls $F$
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differenzierbar ist und die Gleichung $F' = f$ gilt.
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\end{definition}
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Achtung! Wir werden im Abschnitt~\vref{sec:3-3} noch einen weiteren Begriff von
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Stammfunktion einführen, für komplexe Ableitungen von Funktionen auf $ℂ$. Bitte
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diese Begriffe nicht verwechseln!
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\begin{satz}[Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung]
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Sei $f: [a,b] → V$ stetig. Dann ist
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\[
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@@ -154,7 +166,7 @@ Die folgenden Aussagen sollten Ihnen aus den Analysis-Vorlesungen bekannt sein.
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bitte ich um Geduld.
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\end{bemerkung}
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\begin{bsp}[Wegintegral]\label{bsp:3-2-2}%
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\begin{bsp}[Integration von $z^n$ über den Rand des Einheitskreises]\label{bsp:3-2-2}%
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Es sei $U = ℂ^*$ und es sei $f(z) = z^n$. Weiter betrachten wir den Weg
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\[
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γ: [0,2π] → ℂ^*, \quad t ↦ r\exp(it),
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@@ -228,25 +240,30 @@ Die folgenden Aussagen sollten Ihnen aus den Analysis-Vorlesungen bekannt sein.
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\end{beobachtung}
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\section{Stammfunktionen}
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\section{Komplexe Stammfunktionen}
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\label{sec:3-3}
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\begin{definition}[Stammfunktion]
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\begin{definition}[Stammfunktion]\label{def:3-3-1}%
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Sei $U ⊂ ℂ$ offen und $f: U → ℂ$ stetig. Eine holomorphe Funktion $F: U → ℂ$
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heißt \emph{Stammfunktion}\index{Stammfunktion} von $f$, wenn $F' = f$ ist.
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heißt \emph{komplexe Stammfunktion}\index{Stammfunktion!von Abbildung auf
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$\bC$} von $f$, wenn $F' = f$ ist.
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\end{definition}
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Wir haben zwei Begriffe von Stammfunktionen: einmal für Funktionen auf reellen
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Intervallen $φ: [a,b] → ℂ$, einmal für Funktionen $φ: U → ℂ$ auf offenen Mengen
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von $ℂ$. Die Begriffe hängen offenbar zusammen.
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Wir haben zwei Begriffe von Stammfunktionen: Definition~\ref{def:3-1-5} für
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Funktionen auf reellen Intervallen $φ: [a,b] → ℂ$, und
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Definition~\ref{def:3-3-1} für Funktionen $φ: U → ℂ$ auf offenen Mengen von $ℂ$.
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||||
Die Begriffe hängen offenbar zusammen.
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\begin{beobachtung}
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\begin{beobachtung}[Reelle und komplexe Stammfunktionen]
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Es sei $U ⊂ ℂ$ offen, es sei $f: U → ℂ$ stetig mit Stammfunktion $F: U → ℂ$.
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Weiter sei $γ: [a,b] → U$ stetig differenzierbar. Dann ist
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\begin{align*}
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(F ◦ γ)' & = (F' ◦ γ) · γ' && \text{reell-komplexe Kettenregel} \\
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& = (f ◦ γ) · γ' && F ◦ γ \text{ ist Stammfunktion auf } [a,b] \text{ von } (f ◦ γ) · γ'.
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||||
& = (f ◦ γ) · γ'
|
||||
\end{align*}
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||||
Also gilt nach dem Hauptsatz der Differenzial- und Integralrechnung
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Zusammenfassung: Im Sinne von Definition~\ref{def:3-1-5} ist $F◦γ$ eine
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Stammfunktion von $(f◦γ)·γ'$. Also gilt nach dem Hauptsatz der Differenzial-
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und Integralrechnung die Gleichung
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\[
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\int_γ f(z) \, dz = \int_a^b [f ◦ γ(t)] · γ'(t) \, dt = [F ◦ γ](b) - [F ◦ γ](a).
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\]
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@@ -255,7 +272,7 @@ von $ℂ$. Die Begriffe hängen offenbar zusammen.
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\subsection{Berechnung von Wegintegralen mithilfe von Stammfunktionen}
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\begin{kons}[Wegintegrale bei Existenz von Stammfunktionen]
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\begin{kons}[Wegintegrale bei Existenz von Stammfunktionen]\label{kons:3-3-3}%
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Wenn in der Situation von Definition~\ref{def:3-2-1} eine Stammfunktion von
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$f$ existiert, dann hängt das Wegintegral $\int_γ f(z) \, dz$ nur vom Start-
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und Endpunkt des Weges ab, aber nicht vom Weg selbst. Insbesondere gilt: Wenn
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@@ -317,8 +334,8 @@ Fakten der Analysis und Topologie.
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Wir erinnern uns an die Ergebnisse des letzten Abschnitts: Es sei $U ⊂ ℂ$ offen
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und es sei $f: U → ℂ$ stetig. Wenn $f$ eine Stammfunktion $F: U → ℂ$ besitzt,
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dann gilt für jeden (stückweise) stetig differenzierbaren Weg $γ: [a,b] → U$ die
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Gleichung
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dann gilt nach Konsequenz~\ref{kons:3-3-3} für jeden (stückweise) stetig
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||||
differenzierbaren Weg $γ: [a,b] → U$ die Gleichung
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\[
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||||
\int_γ f(z)\, dz = F(γ(b)) - F(γ(a)).
|
||||
\]
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||||
BIN
04-homotopie-2.png
Normal file
BIN
04-homotopie-2.png
Normal file
Binary file not shown.
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After Width: | Height: | Size: 63 KiB |
@@ -174,8 +174,89 @@ $γ_0$ und $γ_1$ interpoliert.
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\begin{bemerkung}
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Wir haben noch kein Kriterium dafür, dass eine Menge \emph{nicht} einfach
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zusammenhängend ist. Der Integralsatz von Cauchy wird uns aber bald ein
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solches Kriterium liefern.
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zusammenhängend ist. Halten Sie durch! Der Integralsatz von Cauchy wird uns
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aber bald ein solches Kriterium liefern und wir werden in
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Beispiel~\vref{bsp:4-3-3} die (anschaulich vielleicht völlig einsichtige)
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Behauptung zeigen, dass $\bC^*$ nicht einfach zusammenhängend ist.
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\end{bemerkung}
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\section{Homotopieinvarianz von Wegintegralen und der Integralsatz von Cauchy}
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\sideremark{Vorlesung 6}
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Nach den vorhergehenden Abschnitten werden Sie sich schon denken, was jetzt
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kommt: Wegintegrale über homotope Wege sind gleich. Der folgende Satz stellt
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dies präzise dar.
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\begin{satz}[Homotopieinvarianz von Wegintegralen]
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Es sei $U ⊂ ℂ$ offen und es sei $f : U → ℂ$ holomorph. Weiter seien $γ_0, γ_1
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: [a, b] → U$ zwei stetige Wege mit $γ_0(a) = γ_1(a)$ und $γ_0(b) = γ_1(b)$.
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Wenn $\gamma_0$ und $\gamma_1$ zueinander homotop sind, dann gilt die
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Gleichheit
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\begin{equation}\label{eq:4-3-1-1}
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\int_{γ_0} f(z) \, dz = \int_{γ_1} f(z) \, dz.
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||||
\end{equation}
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\end{satz}
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\begin{proof}[Beweis durch Bild]
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Wie in Definition~\ref{def:3-4-1} sei
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\[
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Γ: [a, b] ⨯ [0, 1] \longrightarrow U
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\]
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eine Homotopie zwischen den Wegen $γ_0$ und $γ_1$. Weil die Menge $[a, b] ⨯
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[0, 1]$ kompakt ist, können wir nach Erinnerung~\ref{eri:3-4-1} die Bildmenge
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$γ([a, b] ⨯ [0, 1]) ⊂ U$ ist kompakt mit endlich viele Kreisscheiben $Δ_1, …,
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Δ_n$ aus $U$ überdecken. Weiter können wir eine Unterteilung der Intervalle
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finden,
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\begin{align*}
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a & = t_0 < t_1 < t_2 < … < t_m = b && \text{von } [a, b], \\
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0 & = s_0 < s_1 < s_2 < … < s_k = 1 && \text{von } [0, 1],
|
||||
\end{align*}
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sodass für alle Indizes $0 ≤ j < m$ und $0 ≤ l < k$ die Bildmenge $Γ([t_j,
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t_{j+1}] ⨯ [s_l, s_{l+1}])$ ganz in einer der Kreisscheiben $Δ_1, …, Δ_n$
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liegt. Als Nächstes wenden wir Satz~\ref{satz:3-3-11} an und wählen für jede
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Kreisscheibe $Δ_i$ eine Stammfunktion $F_i: Δ_i → ℂ$ von $f|_{\Delta_i}$. Nach
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Konsequenz~\ref{kons:3-3-3} gilt dann für jeden der in
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Abbildung~\ref{fig:4-3-1-1} eingezeichneten (geschlossenen!) Wege
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$\beta_{i,j}$ die Gleichung
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\[
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||||
\int_{\beta_{j,l}} f(z) \, dz = 0.
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||||
\]
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Gleichung~\eqref{eq:4-3-1-1} folgt nun durch Addition über alle Indizes $i$
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und $j$.
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\begin{figure}
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\begin{center}
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||||
\includegraphics[width=13cm]{04-homotopie-2.png}
|
||||
\end{center}
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||||
\caption{Die geschlossenen Wege $\beta_{j,l}$ in der Homotopie
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||||
$Γ: [a,b] ⨯ [0,1] → U$.}
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\label{fig:4-3-1-1}
|
||||
\end{figure}
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||||
\end{proof}
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\begin{kor}[Integralsatz von Cauchy]
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Es sei $U ⊂ ℂ$ offen und es sei $f : U → ℂ$ holomorph. Weiter seien $γ : [a,
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b] → U$ ein zusammenziehbarer, stetiger Weg. Dann ist
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\[
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||||
\int_{\gamma} f(z) \, dz = 0.
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\]
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\end{kor}
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\begin{bsp}[Die Menge $\bC^*$ ist nicht einfach zusammenhängend]\label{bsp:4-3-3}%
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Wir betrachten die offene Menge $U := \bC^* = \bC \setminus \{0\}$ und die
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holomorphe Funktion $f: U → \bC$, $f(z) := 1/z$. Weiter betrachten wir den
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geschlossenen Weg
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\[
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γ: [0, 1] → U, \quad t ↦ e^{2πi t}.
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\]
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Wir haben haben in Beispiel~\vref{bsp:3-2-2} aber bereits ausgerechnet, dass
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\[
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\int_γ \frac{1}{z} \, dz = 2πi
|
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\]
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ist. Nach dem Integralsatz von Cauchy ist der Weg $γ$ also nicht
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zusammenziehbar. Wir haben damit gezeigt, dass die Menge $\bC^*$ nicht einfach
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zusammenhängend ist.
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\end{bsp}
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% !TEX root = Funktionentheorie
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Binary file not shown.
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