AlgebraZahlentheorie/18.tex

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2023-09-14 13:18:58 +02:00
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\chapter{Die Sätze von Sylow}
\label{chap:18}
\sideremark{Vorlesung 20}Die Sätze von Sylow sind ganz wesentliche Aussagen zur
Struktur endlicher Gruppen. Im Kern geht es um folgenden Punkt: gegeben eine
endliche Gruppe $G$ und eine Untergruppe $H ⊂ G$. Dann ist wissen wir schon,
dass $|H|$ ein Teiler von $|G|$. Aber existiert auch zu jedem Teiler von $|G|$
auch tatsächlich eine Untergruppe? Für Primzahlpotenzteiler werden die Sätze
von
Sylow\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Ludwig_Mejdell_Sylow}{Peter
Ludwig Mejdell Sylow} (* 12. Dezember 1832 in Christiania, heute Oslo; † 7.
September 1918 ebenda) war ein norwegischer Mathematiker, der grundlegende
Arbeiten zur Gruppentheorie verfasste.} diese Frage ausführlich beantworten.
\begin{notation}
Im Folgenden sei $p$ stets eine Primzahl.
\end{notation}
\section{Das zentrale Schlüssellemma und der Satz von Cauchy}
Die zentrale Beobachtung, auf der der ganze Inhalt dieses Kapitels aufbaut, ist
die folgende.
\begin{lemma}[Zentrales Schlüssellemma]\label{lem:zsl}
Es sei $G$ eine Gruppe der Ordnung $p^m$, die auf einer endlichen Menge $M$
operiert. Weiter sei
\begin{equation*}
M_0 = \{ m ∈ M \::\: \forall g ∈ G: g· m = m \}
\end{equation*}
die Menge der Fixpunkte. Dann ist
$|M| \equiv |M_0| \:\:(\operatorname{mod} p)$.
\end{lemma}
\begin{proof}
Wir betrachten die $G$-Wirkung auf $M$ und interessieren uns für diejenigen
Bahnen, die mehr als ein Element haben. Wir bezeichnen diese Bahnen mit
$B_1, …, B_n$. Weil $M$ die disjunkte Vereinigung der Bahnen ist, gilt:
\begin{equation*}
|M| = |M_0| + |B_1|+ ⋯ +|B_n|,
\end{equation*}
Wir wissen aus der Bahnengleichung, Satz~\vref{Satz_Seite_156_und_157}, dass
die Zahlen $|B_i|$ stets Teiler von $|G| = p^m$ sind. Also ist $|B_i|$ ein
Vielfaches von $p$ und es gilt die gewünschte Gleichung
$|M| \equiv |M_0| \:\:(\operatorname{mod} p)$.
\end{proof}
Der Satz von
Cauchy\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Augustin-Louis_Cauchy}{Augustin-Louis
Cauchy} (* 21. August 1789 in Paris; † 23. Mai 1857 in Sceaux) war ein
französischer Mathematiker.} wendet das zentrale Schlüssellemma auf eine
endliche Gruppe an, um die Existenz von Gruppenelementen mit interessanter
Ordnung zu beweisen.
\begin{satz}[Satz von Cauchy]\label{Satz_von_Cauchy}
Wenn die Ordnung einer endlichen Gruppe durch $p$ teilbar ist, dann existiert
ein Element von Ordnung $p$.
\end{satz}
\begin{proof}
Sei $G$ die Gruppe. Betrachte die Menge
\begin{equation*}
M = \bigl\{ (a_1, …, a_p) ∈ G G \::\: a_1· a_2 ⋯ a_p = e \bigr\}.
\end{equation*}
Gegeben ein Tupel $(a_1, …, a_p) ∈ M$, dann stellen wir erst einmal fest, dass
der letzte Eintrag des Tupels durch die ersten Einträge eindeutig bestimmt
ist, $a_p = (a_1⋯ a_{p-1})^{-1}$. Wir erhalten die folgende Gleichung,
\begin{equation}\label{eq:x78}
|M| = |G^{p-1}| = |G|^{p-1}.
\end{equation}
Als Nächstes brauchen wir eine schicke Gruppenwirkung, denn wir wollen das
zentrale Schlüssellemma anwenden. Dazu lassen wir die zyklische Gruppe
$/(p)$ auf $M$ durch zyklisches Vertauschen wirken\footnote{Die zyklische
Vertauschung wirkt auf $M$, weil in jeder Gruppe aus $a· b = e$ auch
$b· a = e$ gilt. Damit ist nämlich klar, dass mit $(a_1, …, a_p) ∈ M$ auch
die zyklisch vertauschten Tupel $(a_2, …, a_p, a_1)$,
$(a_3, …, a_p, a_1, a_2)$, … auch wieder in $M$ liegen.}. Die Fixpunktmenge
dieser Wirkung ist
\[
M_0 = \{ (a, …, a) ∈ G^p \::\: a^p=e\}.
\]
Wegen $(e, …, e) ∈ M_0$ ist schon einmal klar, dass $M_0 ≠ ∅$ ist. Auf der
anderen Seite folgt aus dem zentralen Schlüssellemma, dass
\[
|M_0| \overset{\text{Satz~\ref{lem:zsl}}}{\equiv} |M|
\overset{\eqref{eq:x78}}{\equiv} |G|^{p-1} \equiv 0 \:\: (\operatorname{mod}
p)
\]
ist. Also existiert mindestens ein $a ≠ e$ mit $a^p=e$. Nach
Satz~\vref{Satz_Seite_163} hat $a$ dann automatisch die Ordnung $p$.
\end{proof}
\section{$p$-Gruppen und $p$-Sylowuntergruppen}
Wenn man den Satz von Cauchy ernst nimmt, dann scheinen diejenigen Gruppen
besonders einfach zu sein, deren Ordnung möglichst wenige Teiler besitzen. Die
folgende Definition beschreibt den Extremfall.
\begin{definition}[$p$-Gruppe]
Eine Gruppe $G$ heißt \emph{$p$-Gruppe}\index{p-Gruppe=$p$-Gruppe}, wenn die
Ordnung jedes Elements eine Potenz von $p$ ist.
\end{definition}
\begin{satz}[An der Gruppenordnung sollt ihr sie erkennen]
Eine endliche Gruppe ist genau dann eine $p$-Gruppe, wenn es eine Zahl $n ∈ $
gibt, sodass $|G|=p^n$ ist.
\end{satz}
\begin{proof}
Wenn $|G| = p^n$ ist, dann hat jedes Element $g ∈ G$ eine Ordnung, die $p^n$
teilt, also eine Potenz von $p$. Wenn $|G|$ keine Potenz von $p$ ist, dann
gibt es eine Primzahl $q ≠ p$, die Ordnung $|G|$ teilt. Nach
Satz~\ref{Satz_von_Cauchy} (``Satz von Cauchy'') gibt es dann aber auch ein
Element der Ordnung $q$, und $G$ kann keine $p$-Gruppe sein.
\end{proof}
\begin{satz}
Jede endliche $p$-Gruppe $G ≠ \{e\}$ hat ein nicht-triviales Zentrum.
\end{satz}
\begin{proof}
Wie in Beispiel~\vref{bsp:konju} betrachten wir die Wirkung von $G$ auf sich
selbst durch Konjugation. Die Fixpunkte dieser Wirkung bilden gerade das
Zentrum von $G$. Wir wissen aus dem zentralen Schlüssellemma~\ref{lem:zsl},
dass
\begin{equation*}
|\Zentralisator(G)| \equiv |G| \equiv 0 \:\:(\operatorname{mod} p).
\end{equation*}
Aus $e ∈ \Zentralisator(G)$ folgt dann wieder $|\Zentralisator(G)| ≥ p$.
\end{proof}
Wenn eine gegebene Gruppe $G$ keine $p$-Gruppe ist, dann ist das dumm. In
dieser Situation kann man immerhin noch nach den $p$-Gruppen fragen, die in $G$
enthalten sind. Dabei sind die maximal großen $p$-Untergruppen natürlich
besonders gut.
\begin{definition}[$p$-Sylowuntergruppe]\label{defn:pSUG}
Es sei $G$ eine endliche Gruppe. Eine \emph{$p$-Sylowunter\-gruppe von
$G$}\index{Sylowuntergruppe} ist eine maximale $p$-Untergruppe von $G$.
\end{definition}
\begin{bemerkung}
In Definition~\ref{defn:pSUG} bedeutet ``maximal'' natürlich ``maximal
bezüglich Inklusion''. Die Menge der $p$-Untergruppen ist nicht leer, weil
$\{e\}$ eine $p$-Untergruppe ist. Für \emph{endliche} Gruppen ist die
Existenz von $p$-Sylowuntergruppen klar.
\end{bemerkung}
\begin{lem}
Es sei $G$ eine endliche beliebige Gruppe, es sei $G_p$ eine
$p$-Sylowuntergruppe und es sei $g ∈ G$ ein Element. Dann ist die Untergruppe
$g·G_p·g^{-1} ⊆ G$ wieder eine $p$-Sylowuntergruppe. Insbesondere gilt: wenn
es in $G$ nur eine $p$-Sylowuntergruppe $G_p$ gibt, dann ist $G_p$ ein
Normalteiler von $G$.
\end{lem}
\begin{proof}
Die Gruppen $G_p$ und $g·G_p·g^{-1}$ haben gleich viele Elemente. Um zu
zeigen, dass $g·G_p·g^{-1}$ eine $p$-Sylowuntergruppe ist, müssen wir also nur
zeigen, dass $g·G_p·g^{-1}$ maximal ist. Sei also $H ⊆ G$ eine $p$-Gruppe,
die $g·G_p·g^{-1}$ enthält. Dann ist $G_p ⊆ g^{-1}·H·g ≅ H$. Also ist
$g^{-1}·H·g =G_p$ und $H = g·G_p·g^{-1}$.
\end{proof}
\begin{lemma}\label{Lemma_vor_Korrolar_Sylowsaetze}
Sei $U$ eine $p$-Untergruppe einer endlichen Gruppe $G$. Wie in
Definition~\ref{defn:normalisator} sei $N(U)$ der Normalisator von $U$. Dann
gilt
\begin{equation*}
[G:U] \equiv [N(U):U] \:\:(\operatorname{mod} p).
\end{equation*}
\end{lemma}
\begin{proof}
Die Gruppe $U$ wirkt durch Linksmultiplikation auf der Menge $M$ der
Linksnebenklassen,
\[
M := \{ g· U \::\: g ∈ G\}.
\]
Wie immer sei $M_0 ⊆ M$ die Menge der Fixpunkte dieser Wirkung. Wann ist eine
Nebenklasse $g·U$ ein Fixpunkt dieser Wirkung? Antwort: es ist
\begin{align*}
g·U ∈ M_0 &\forall u ∈ U: u·g·U = g·U \\
&\forall u ∈ U: g^{-1}·u·g ∈ U \\
& ⇔ g^{-1}·U·g = U \\
& ⇔ g ∈ N(U).
\end{align*}
Also ist
\begin{equation*}
[N(U):U] = |M_0| \overset{\text{Satz~\ref{lem:zsl}}}{\equiv} |M| = [G:U].\qedhere
\end{equation*}
\end{proof}
\begin{kor}
Mit den gleichen Voraussetzungen wie in
Satz~\ref{Lemma_vor_Korrolar_Sylowsaetze} gilt: wenn $p$ den Index $[G:U]$
teilt, dann ist $U ⊊ N(U)$.
\end{kor}
\begin{proof}
Es ist auf jeden Fall $e·U ∈ M_0$, also ist $|M_0| ≥ 1$. Wegen der
zusätzlichen Voraussetzung ist dann sogar $|M_0| ≥ p$.
\end{proof}
\section{Die Sätze von Sylow}
Die Sätze von Sylow\index{Sylow-Sätze} geben Auskunft über Existenz von
$p$-Sylowuntergruppen in gegebenen endlichen Gruppen. Sie geben auch Auskunft
darüber, wie die Gruppen ineinander enthalten sind.
\begin{satz}[Erster Sylow-Satz]\label{Satz_Sylow_Eins}
Es sei $G$ eine endliche Gruppe. Schreibe $|G| = p^n· m$, wobei $p \nmid m$
sei. Dann gelten folgende Aussagen.
\begin{enumerate}
\item\label{Satz_Sylow_erster_1} Für jede Zahl $i ∈ \{0, …, n\}$ existiert
eine $p$-Untergruppe von $G$ der Ordnung $pⁱ$.
\item\label{Satz_Sylow_erster_2} Für jede Zahl $i ∈ \{0, …, n-1\}$ gilt: Jede
Untergruppe der Ordnung $pⁱ$ ist Normalteiler einer Untergruppe der Ordnung
$p^{i+1}$.
\end{enumerate}
Insbesondere hat jede $p$-Sylowuntergruppe von $G$ die Ordnung $p^n$.
\end{satz}
\begin{proof}
\video{20-1}
\end{proof}
\begin{satz}[Zweiter Sylow-Satz]\label{Satz_Sylow_Zwei}
Es sei $G$ eine endliche Gruppe. Zu jeder $p$-Untergruppe $U ⊂ G$ und zu
jeder $p$-Sylowuntergruppe $P ⊆ G$ existiert ein $g ∈ G$, sodass
$g·U·g^{-1} ⊂ P$ ist. Insbesondere sind je zwei $p$-Sylowuntergruppen von $G$
zueinander konjugiert.
\end{satz}
\begin{proof}
\video{20-2}
\end{proof}
\begin{satz}[Dritter Sylow-Satz]\label{Satz_Sylow_Drei}
Sei $s_p$ die Anzahl der verschiedenen $p$-Sylowuntergruppen einer endlichen
Gruppe $G$. Dann ist $s_p$ ein Teiler von $|G|$. Weiterhin ist
$s_p \equiv 1 \:\: (\operatorname{mod} p)$.
\end{satz}
\begin{proof}
\video{20-3}
\end{proof}
\section{Die Symmetriegruppe des Tetraeders}
Um die bisherigen Ergebnisse zu illustrieren, diskutiere ich noch einmal
ausführlich die Gruppe $G = S_4$, die Gruppe der Permutationen der Menge
$\{1, 2, 3, 4 \}$. Um später die Galoisgruppe von Polynomen $4.$ Grades
auszurechnen, interessieren uns die besonders für die Untergruppen von $S_4$.
\subsection{Geometrische Interpretation}
Geometrisch lässt sich $S_4$ als Symmetriegruppe des Tetraeders interpretieren,
wie in Abbildung~\ref{fig:tetraeder} dargestellt. Schauen Sie aber auf jeden
Fall auch einmal in den
\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Tetraedergruppe}{Wikipedia-Eintrag zur
Tetraedergruppe}.
\begin{figure}
\centering
\begin{tikzpicture}[scale=.75]
\def \hoeheEins {0.25}
\def \hoeheZwei {2.0}
\def \weiteEins {0.5}
\def \weiteZwei {1.5}
\def \labelshift {.75}
\node [label = {180:$1$}] (1) at (-\weiteZwei,-\hoeheEins) {};
\node [label = {270:$2$}] (2) at ( \weiteEins,-\hoeheZwei) {};
\node [label = {000:$3$}] (3) at ( \weiteZwei-\weiteEins, \hoeheEins) {};
\node [label = {090:$4$}] (4) at (-\weiteEins, \hoeheZwei) {};
\foreach \X in {1,2,3,4}{
\fill (\X) circle (0.05);
}
\path (1)--(2)--(3)--(4)--(2)--(1)--(3);
\draw (4)--(1)--(2)--(3)--(4)--(2);
\draw[dashed] (1)--(3);
\end{tikzpicture}
\caption{Tetraeder}
\label{fig:tetraeder}
\end{figure}
\subsection{Die Konjugationsklassen der Permutationsgruppe}
Wir betrachten die Wirkung von $S_n$ auf sich selbst durch Konjugation. Ich
frage zuerst, wie viele Konjugationsklassen es gibt. Die Antwort kennen Sie
wahrscheinlich aus der Vorlesung ``Lineare Algebra II'', wo man diese Frage im
Zusammenhang mit der Konstruktion von
Jordan\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Camille_Jordan}{Marie
Ennemond Camille Jordan}, genannt Camille Jordan, (* 5. Januar 1838 in
Lyon; † 21. Januar 1922 in Paris) war ein französischer Mathematiker.}-Basen
diskutiert. Weil aber vielleicht nicht alle auf demselben Stand sind,
wiederhole ich die Sache noch einmal.
\begin{fakt}
Es sei $n ∈ $ eine Zahl. Dann gibt eine Bijektion zwischen der Menge der
Partitionen\footnote{Eine Partition von $n$ ist eine aufsteigende (endliche)
Folge von positiven, natürlichen Zahlen, deren Summe gleich $n$ ist.
Beispiel: $(1,2,3)$ und $(3,3)$ sind Partitionen von $6$.} von $n$ und den
Konjugationsklassen in der Permutationsgruppe $S_n$. \qed
\end{fakt}
Die Bijektion sieht so aus:
\begin{itemize}
\item Wenn eine Permutation $σ ∈ S_n$ gegeben ist, dann kann man $σ$ immer als
Produkt disjunkter Zykel schrieben, zum Beispiel so
\[
σ = (1)(56)(78)(234) ∈ S_8.
\]
Diese Zykel haben in unserem Beispiel die Längen 1, 2, 2 und 3. Ich erhalte
die Partition $(1,2,2,3)$ von $8$. In der Sprache dieser Vorlesung betrachten
wir die von $σ$ erzeugte zyklische Untergruppe $H = (σ)$. Diese Gruppe wirkt
auf der Menge $M_8 := \{ 1,2,3,4,5,6,7,8 \}$. Die Zykel sind dann die Bahnen
der $H$-Wirkung auf $M_8$.
\item Wenn zwei Permutationen $σ, τ ∈ S_n$ dieselbe Partition liefern, dann sind
die trivialerweise zueinander konjugiert. Statt großer Theorie erkläre ich
das an einem Beispiel. Gegeben seien
\[
σ = (1)(56)(78)(234) \quad\text{und}\quad τ = (4)(17)(58)(236).
\]
Dann betrachte die Permutation $g ∈ S_8$ gegeben durch
\begin{align*}
g(1) & = 4 & g(2) & = 2 & g(3) & = 3 & g(4) & = 6 \\
g(5) & = 1 & g(6) & = 7 & g(7) & = 5 & g(8) & = 8
\end{align*}
und stelle fest, dass $σ = g^{-1}·τ·g$ ist. Ich vermute, Sie durchschauen das
System. Ich hoffe, ich habe mich nicht vertippt oder verrechnet.
\item Jede Partition tritt auf. Wenn Sie mir zum Beispiel die Partition
$(2,3,3)$ der Zahl 8 geben, dann nehme ich die Permutation
$σ = (12)(345)(678)$.
\end{itemize}
Für die Permutationsgruppe $S_4$ ist die Situation in Tabelle~\ref{fig:ks4}
zusammengefasst.
\begin{table}
\centering
\begin{tabular}{*{2}{>{$}c<{$}|}l*{2}{|>{$}c<{$}}}%|>{$}r<{$}}
\text{Partition} & \text{Repräsentant} & \multicolumn{1}{>{\centering\arraybackslash}m{3.25cm}|}{Geometrische\linebreak Anschauung} & \text{Ordnung} & \multicolumn{1}{>{\centering\arraybackslash}m{3.75cm}}{Anzahl der Elemente\linebreak in der \linebreak Konjugationsklasse}\\
\hline
abcd & () & Identität & 1 & 1\\ [.5em]
aabc & (12) & \href{https://de.wikipedia.org/wiki/Tetraedergruppe#/media/Datei:Tetrahedron_with_reflection_plane_RK01.png}{Spiegelung} & 2 & \binom{4}{2}=6\\[.5em]
aabb & (12)(34) & \href{https://de.wikipedia.org/wiki/Tetraedergruppe#/media/Datei:Tetrahedron_with_2-fold_rotational_axes_RK01.png}{Drehung um Achse} & 2 & 6/2 = 3\\[.5em]
aaab & (123) & \href{https://de.wikipedia.org/wiki/Tetraedergruppe#/media/Datei:Tetrahedron_with_3-fold_rotational_axes_RK01.png}{Drehung um Ecke} & 3 & 4· 2 = 8\\[.5em]
aaaa & (1234) & \href{https://de.wikipedia.org/wiki/Tetraedergruppe#/media/Datei:Tetrahedron_with_4-fold_rotation-reflection_axis_RK01.png}{Drehspiegelung} & 4 & 3· 2 = 6
\end{tabular}
\caption{Konjugationsklassen in $S_4$}
\label{fig:ks4}
\end{table}
\subsection{Die Untergruppen von $S_4$}
Die Gruppe $S_4$ hat Ordnung $1· 2· 3· 4 = 2³ · 3=24$. Potenzielle Untergruppen
können also nur die folgenden Ordnungen haben.
\begin{description}
\item[Ordnung 24:] Dies muss die ganze Gruppe $S_4$ sein.
\item[Ordnung 12:] Die Menge $A_4$ der geraden Permutationen, also der Kern der
Signums-Abbildung, $\operatorname{sgn} : S_4/(2)$, ist eine Untergruppe
von Ordnung 12. Es ist im Moment unklar, ob weitere Untergruppen von Ordnung
12 existieren.
\item[Ordnung 8:] Dies müssen die 2-Sylowuntergruppen sein. Die Anzahl $s_2$
der 2-Sylowuntergruppen ist nach Satz~\ref{Satz_Sylow_Drei} (``Dritter
Sylow-Satz'') ein Teiler von 24 mit
$s_2 \equiv 1 \:\: (\operatorname{mod} 2)$, also $s_2=1$ oder $s_2=3$. Wir
wissen nach dem Satz~\ref{Satz_Sylow_Eins} (``Erster Sylow-Satz''), dass jedes
Element der Ordnung 1, 2 oder 4 in einer 2-Sylowuntergruppe enthalten
ist. Tabelle~\vref{fig:ks4} zeigt, dass es 16 solche Elemente gibt.
Allerdings hat eine 2-Sylowuntergruppe nur 8 Elemente. Also ist $s_2 = 3$.
\item[Ordnung 6:] Es ist im Moment unklar, ob eine solche Untergruppe existiert.
\item[Ordnung 4:] Jedes Element der Ordnung 4 liefert eine zyklische Untergruppe
der Ordnung 4. Es ist im Moment aber unklar, ob weitere solche Untergruppen
existieren.
\item[Ordnung 3:] Dies müssen die 3-Sylowuntergruppen von $S_4$ sein. Diese
Gruppen haben Ordnung 3 und alle nicht-trivialen Elemente müssen Ordnung 3
haben. Also sind die 3-Sylowuntergruppe zyklische Gruppen, die von Drehungen
um Ecken erzeugt werden. Es gibt 4 solcher Gruppen (denn es gibt $8$
Drehungen, eine Gruppe enthält immer genau 2 Drehungen, und zwei zyklische
Gruppen schneiden sich immer genau in der Einheit).
\item[Ordnung 2] Dies sind zyklische Gruppen, die von einem Element der Ordnung
zwei (=Spiegelung bzw. Drehung um eine Achse) erzeugt werden
\item[Ordnung 1] Dies muss die triviale Untergruppe $\{e\}$ sein.
\end{description}
Um die verbleibenden offenen Fragen zu klären, überlegt man sich am besten, wie
man sich die 2-Sylowuntergruppe vorstellt. Wenn man in
Abbildung~\vref{fig:tetraeder} nur den Umriss des Tetraeders betrachtet, sieht
man, dass $D_4$ die Symmetriegruppe des Quadrates, eine Untergruppe von $S_4$
ist. Wegen $|D_4| = 8$ ist das eine 2-Sylowuntergruppe. Am Tetraeder lässt
sich diese Untergruppe als Stabilisator-Untergruppe der Achse der Drehung
$(13)(24)$ interpretieren. Die Gruppen der Ordnung 4 findet man als
Untergruppen von $D_4$. Die Gruppen der Ordnung 6 und 12 findet man durch
Kombinationen der Elemente von Ordnung 3 und 2. Der Vollständigkeit halber sind
in Tabelle~\ref{fig:ugs4} alle Möglichkeiten der Konjugationsklassen von
Untergruppen von $S_4$ ohne Beweis aufgelistet. In der Summe sehen Sie 30
Untergruppen.
\begin{fazit}
Ein Zerfällungskörper eines Polynoms 4.\ Grades mit Galoisgruppe $S_4$ hat 30
Zwischenkörper. \qed
\end{fazit}
\begin{table}
\centering
\begin{tabular}{>{$}c<{$}|l|c|>{\centering\arraybackslash}m{4cm}}
\text{Gruppe} & \text{geometrisch} & Ordnung & Mächtigkeit der konjugierten Gruppen\\
\hline
S_4 & Symmetrie des Tetraeders & 24 & 1\\
A_4 & Drehsymmetrien & 12 & 1\\
D_4 & Stabilisatoren von Achsen & 8 & 3\\
S_3 & Isotropiegruppe von Ecken & 6 & 4\\
/(4) & Drehspiegelungen & 4 & 3\\
/(2)/(2) & Isotropie von Achsen & 4 & 3\\
/(2)/(2) & Drehungen um alle Achsen & 4 & 1\\
/(3) & Drehungen um Ecken & 3 & 4\\
/(2) & Drehung um eine Achse & 2 & 3\\
/(2) & Spiegelungen & 2 & 6\\
\{e\} & & 1 & 1\\
\end{tabular}
\caption{Untergruppen von $S_4$}
\label{fig:ugs4}
\end{table}
%%% Local Variables:
%%% mode: latex
%%% TeX-master: "AlgebraZahlentheorie"
%%% End: