% spell checker language \selectlanguage{german} \chapter{Algebraische Mengen des projektiven Raums} Wie bereits für den affinen Raum ausführlich diskutiert, möchten wir auch im projektiven Raum Nullstellenmengen von Polynomen diskutieren. Das ist natürlich nicht ohne weiteres möglich, denn wir hatten ja oben schon gesehen, dass ein Ausdruck der Form \[ \bigl\{ [x:y] ∈ ℙ¹_k \::\: x²-y = 0 \bigr\} \] gar nicht sinnvoll ist\footnote{Es ist $[1:1] = [2:2] ∈ ℙ¹_k$, aber es ist $1²-1 = 0$, während $2²-2 ≠ 0$ ist.}. \begin{beobachtung} Es sei $f ∈ k[x_0, …, x_n]$ ein homogenes Polynom vom Grad $d$. Dann gilt für jeden Vektor $(x_0, …, x_n) ∈ k^n$ und jedes Skalar $λ ∈ k$ die Gleichung \[ f(λ·x_0, …, λ·x_n) = λ^d·f(x_0, …, x_n). \] Insbesondere gilt: wenn ich Vektoren $\vec{x} = (x_0, …, x_n)$ und $\vec{y} = (y_0, …, y_n)$ im $k^{n-1}$ habe, sodass $[x_0 : … : x_n] = [y_0 : … : y_n] ∈ ℙ^n_k$ ist, dann ist $f(\vec{x}) = 0$ genau dann, wenn $f(\vec{y}) = 0$ ist. Die Menge \[ V_{ℙ}(f) = \bigl\{ [x_0 : … : x_n] ∈ ℙ^n_k \::\: f(x_0, …, x_n) = 0 \bigr\} \] ist also wohldefiniert. \end{beobachtung} \begin{warnung} Selbst wenn $f$ homogen ist, ist ein Ausdruck der Form \[ \bigl\{ [x_0 : … : x_n] ∈ ℙ^n_k \::\: f(x_0, …, x_n) = 1 \bigr\} \] im Allgemeinen völlig unsinnig. \end{warnung} Zusammenfassend können wir also folgendes sagen: falls $f ∈ k[x_0, …, x_n]$ irgendein Polynom ist, so kann man im Allgemeinen nicht sinnvoll von der „Nullstellenmenge des Polynoms $f$ im projektiven Raum $ℙ^n_k$“ sprechen. Falls das Polynom $f$ hingegen homogen ist, dann wird der Begriff der Nullstellenmenge sinnvoll. Nullstellenmengen von homogenen Polynomen sind prototypische Beispiele von dem, was wir in Kürze als „algebraische Teilmengen des projektiven Raums“ definieren werden. \section{Algebraische Teilmengen des projektiven Raums} Bislang haben wir Nullstellenmengen eines einzelnen homogenen Polynoms betrachtet. Am Ende des Tages interessieren wir uns natürlich wieder für die gemeinsame Nullstellenmenge eines Systems von Polynomen, wobei jedes einzelne Polynom homogen sein soll. \begin{defn}[Algebraische Teilmengen des $ℙ^n_k$]\label{defn:15-4-1}% Es sei $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper. Eine Teilmenge $A ⊂ ℙ^n_k$ heißt \emph{algebraisch}\index{algebraische Teilmenge des $ℙ^n_k$}, wenn es homogene Polynome $f_1, …,f_m ∈ k[x_0, …, x_n]$ gibt, sodass die folgende Gleichheit gilt, \[ A = \bigl\{ [x_0: … : x_n] ∈ ℙ^n \::\: f_1(x_0, …, x_n) = ⋯ = f_m(x_0, …, x_n) = 0 \bigr\}. \] \end{defn} Beachten Sie wie oben, dass die Homogenität der Polynome $f_i$ garantiert, dass die Menge $A$ wohldefiniert ist. Geometrisch kann ich das so verstehen: Die Homogenität der Polynome garantiert, dass die Nullstellenmenge $V(f_1, …, f_m) ⊂ k^{n+1}$ ein Kegel ist. Was war nochmal ein Kegel? \begin{defn}[Kegel] Es sei $k$ ein Körper und es sei $A ⊂ k^{n+1}$ eine Teilmenge. Man nennt $A$ einen \emph{Kegel}\index{Kegel}, wenn $A$ invariant unter skalarer Multiplikation ist. Genauer: wenn für jedes Element $λ ∈ k^*$ die Gleichung $λ·A = A$ gilt, wobei $λ·A := \{ λ·a \::\: a ∈ A \}$ ist. \end{defn} \begin{figure} \centering \includegraphics[width=10cm]{figures/16-cone.png} \caption{Kegel $\{ x²y²-z⁴ \} $} \label{fig:cone} \end{figure} \begin{bsp}[Gestalt von Kegeln]\label{bsp:15-4-3}% Es sei $k$ ein Körper. Jeder Kegel $A ⊆ k^{n+1}$ ist von einer der folgenden Formen. \begin{itemize} \item Die leere Menge und der Nullpunkt, $∅$ und $\{ \vec{0} \}$. \item Vereinigungen von endlich oder unendlich vielen Ursprungsgeraden. \end{itemize} \end{bsp} Die Ursprungsgeraden aus Beispiel~\ref{bsp:15-4-3} sind natürlich per Definition exakt die Punkte des projektiven Raumes $ℙ^n_k$. Der Zusammenhang von Kegeln und Teilmengen des projektiven Raums ist damit klar: Gegeben ein Kegel $V ⊂ k^{n+1}$, dann erhalte eine Menge \[ \mathbb{V} = \bigl\{ [x_0 : … : x_n] ∈ ℙ^n_k \::\: (x_0, …, x_n) ∈ V \bigr\}. \] Gegeben eine Menge $\mathbb{V} ⊂ ℙ^n_k$, dann ist die zugehörige Menge \[ V = \bigl\{ (x_0, …, x_n) ∈ k^{n+1} ∖ \{ \vec{0} \} \::\: [x_0 : … : x_n] ∈ \mathbb{V} \bigr\} ∪ \{ \vec{0} \} \] ein Kegel. \section{Kegel und homogene Ideale} \sideremark{Vorlesung 20}Der Kern unseres Wörterbuchs „Algebra und Geometrie“ war der Zusammenhang zwischen algebraischen Teilmengen des $𝔸^n_k$ und den Idealen im Polynomring $k[x_1, …, x_n]$. In völliger Analogie möchte ich jetzt einen Zusammenhang herstellen zwischen den algebraischen Teilmengen des $ℙ^n_k$ (= den algebraischen Mengen im $k^{n+1}$, die Kegelgestalt haben) und den Idealen in $k[x_0, …, x_n]$, die zu diesen Kegeln gehören. Die nächsten beiden Sätze stellen klar, um welche Ideale es sich dabei handelt. \begin{satzdef}[Homogene Ideale]\label{satz:16-2-1}% Es sei $k$ ein Körper und es sei $I ⊂ k[x_0, …, x_n]$ ein Ideal. Dann sind folgende Aussagen äquivalent. \begin{enumerate} \item\label{il:15-4-2-1} Das Ideal $I$ ist von homogenen Polynomen erzeugt. Genauer: es gibt homogene Polynome $f_1, …, f_m ∈ k[x_0, …, x_n]$, sodass die Gleichheit $I = (f_1, …, f_m)$ gilt. \item\label{il:15-4-2-2} Für alle Polynome $g ∈ I$ gilt Folgendes. Wenn ich $g$ als Summe von homogenen Polynomen schreibe, $g = g_0 + g_1 + ⋯ + g_d$, dann liegt jeder Summand $g_i$ selbst im Ideal $I$. \end{enumerate} Falls die äquivalenten Bedingungen erfüllt ist, nennt man $I$ ein \emph{homogenes Ideal}\index{homogenes Ideal}. \end{satzdef} \begin{proof}[Beweis \ref{il:15-4-2-1} $⇒$ \ref{il:15-4-2-2}] Angenommen, es gäbe homogene Erzeuger $f_•$ wie in \ref{il:15-4-2-1}. Weiter sei $g ∈ I$ irgendein Element. Dann gibt es per Annahme Polynomen $α_i ∈ k[x_0, …, x_n]$, sodass die Gleichheit \[ g = \sum_i α_i·f_i \] gilt. Schreibe die $α_i$ als Summe von homogenen Polynomen, $α_i = \sum_d α_{i,d}$. Wir erhalten die Gleichung \[ g = \sum_i \sum_d α_{i,d}·f_i. \] Jeder der Summanden ist homogen und liegt in $I$, also liegen alle homogenen Komponenten von $g$ in $I$. \end{proof} \begin{proof}[Beweis \ref{il:15-4-2-2} $⇒$ \ref{il:15-4-2-1}] Weil der Ring $k[x_0, …, x_n]$ Noethersch ist, finden wir einen endlichen Satz von Erzeugern $I = (g_1, …, g_m)$. Schreibe jedes der $g_i$ als Summe von homogenen Polynomen, \[ g_i = g_{i,0} + ⋯ + g_{i,d_i}. \] Nach Annahme liegen alle Summanden im Ideal, $g_{i,j} ∈ I$, und also ist $I = (g_{i,j} \mid 1 ≤ i ≤ m, 0 ≤ j ≤ d_i )$. \end{proof} Wir erkennen: gegeben ein homogenes Ideal $I ⊂ k[x_0, …, x_n]$ und gegeben ein Satz von homogenen Erzeugern, $I = (f_1, …, f_m)$, dann ist $V(I) = V(f_1, …, f_m)$ ein Kegel und definiert eine Menge $V_{ℙ}(I) ⊂ ℙ^n_n$. Die Umkehrung gilt, sofern man sich auf Radikalideale beschränkt. \begin{satz}[Kegel und homogene Ideale] Es sei $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper und es sei $I ⊂ k[x_0,…,x_n]$ ein Radikalideal, sodass $V(I)$ ein Kegel ist. Dann ist das Ideal $I$ homogen. \end{satz} \begin{proof} Wir werden die Eigenschaft~\ref{il:15-4-2-2} zeigen. Sei also $f ∈ I$ ein Element und sei $f = \sum f_i$ die Darstellung von $f$ als Summe von homogenen Polynomen. Wir müssen zeigen, dass alle Summanden $f_•$ wieder in $I$ liegen. Weil $I$ ein Radikalideal ist, genügt es nach dem starken Hilbertschen Nullstellensatz, Satz~\vref{satz:5-6-8}, zu zeigen, dass für jeden Punkt $\vec{x} ∈ V(I)$ und jeden homogenen Summanden $f_•$ die Gleichheit $f_•(\vec{x}) = 0$ gilt. Betrachte dazu die polynomielle Funktion \[ g : k → k, \quad λ ↦ f(λ·\vec{x}). \] Weil $V(I)$ ein Kegel ist, ist klar, dass die Punkte $λ·\vec{x}$ stets wieder in $V(I)$ liegen. Die Abbildung $g$ ist also die Nullfunktion. Auf der anderen Seite ist \[ g(λ) = \sum λⁱ·f_i(\vec{x}). \] Weil der Körper $k$ per Annahme algebraisch abgeschlossen ist, folgt dann aber, dass alle Koeffizienten $f_i(\vec{x})$ verschwinden müssen. \end{proof} Für einen algebraisch abgeschlossenen Körper $k$ erhalten wir also zwei Abbildungen, \begin{align*} V_ℙ &: \lbrace \text{ homogene Ideale in } k[x_0, …, x_n] \rbrace \longrightarrow \lbrace \text{ Mengen in } ℙ^n_k \rbrace \\ I_ℙ &: \lbrace \text{ Mengen in } ℙ^n_k \rbrace \longrightarrow \lbrace \text{ homogene Ideale in } k[x_0, …, x_n] \rbrace, \end{align*} die uns noch viel Freude bereiten werden. Alle Sätze, die wir im Laufe dieser Vorlesung für algebraische Teilmengen des affinen Raumes bewiesen haben, gelten \emph{mutatis mutandis} auch für algebraische Teilmengen des projektiven Raumes, wenn man an der entscheidenden Stelle das Wort „homogen“ einfügt. Ich nenne einige solche Sätze ohne Beweis. \begin{fakt}[Operationen von homogenen Idealen] Es sei $k$ ein Körper. Durchschnitte, Produkte, Summen und Radikale von homogenen Idealen in $k[x_0, …, x_n]$ sind wieder homogene Ideale. \qed \end{fakt} \begin{fakt}[Homogene Primideale] Es sei $k$ ein Körper. Um zu testen, ob ein homogenes Ideal $I ⊂ k[x_0, …, x_n]$ prim ist, genügt es die Bedingung $ab ∈ I ⇒ a ∈ I$ oder $b ∈ I$ für homogene Elemente $a$ und $b$ zu überprüfen. \qed \end{fakt} \begin{fakt}[Homogener Nullstellensatz] Es sei $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper und es sei $I ⊂ k[x_0, …, x_n]$ ein homogenes Ideal. \begin{enumerate} \item Wenn $V_{ℙ}(I) = ∅$ ist, dann ist $\sqrt{I} = (1)$ oder $\sqrt{I} = (x_0, …, x_n)$. \item Wenn $V_{ℙ}(I) ≠ ∅$ ist, dann ist $\sqrt{I} = I_{ℙ}\bigl(V_{ℙ}(I)\bigr)$. \qed \end{enumerate} \end{fakt} \begin{notation}[Das irrelevante Ideal] Im Zusammenhang mit dem homogenen Nullstellensatz nennt man das Ideal $(x_0, …, x_n) ⊂ k[x_0, …, x_n]$, welches die leere Teilmenge des projektiven Raumes definiert, auch das \emph{irrelevante Ideal}\index{irrelevante Ideal}. \end{notation} \begin{fakt} Es sei $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper. Dann existierten die in Tabelle~\ref{tab:15-1} gezeigten Korrespondenzen. \qed \begin{table} \centering \begin{tabular}{p{7cm}p{7cm}} \rowcolor{lightgray} \textbf{Algebra} & \textbf{Geometrie} \\ homogene Radikalideale & algebraische Mengen \\ homogene Primideale & irreduzible Mengen \\ homogene Radikalideale sind Durchschnitte von homogenen Primidealen & Zerlegung von algebraischen Mengen in irreduzible Komponenten \end{tabular} \caption{Wörterbuch: algebraische Teilmengen des projektiven Raums} \label{tab:15-1} \end{table} \end{fakt} \section{Die Zariski-Topologie} Im Abschnitt~\vref{sec:5-4} hatten wir die Zariski-Topologie auf dem Raum $k^n$ eingeführt. Als direkte Konsequenz der oben genannten Fakten funktioniert die Konstruktion der Topologie auch für den projektiven Raum. \begin{faktdef}[Zariski-Topologie] Es sei $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper. Die algebraischen Teilmengen des $ℙ^n_k$ erfüllen die Axiome für abgeschlossenen Mengen eines topologischen Raums. Die so definierte Topologie auf $ℙ^n_k$ wird \emph{Zariski-Topologie}\index{Zariski-Topologie} genannt. \qed \end{faktdef} \begin{aufgabe} Stellen Sie fest, dass die im Abschnitt~\ref{sec:15-2} diskutierten Mengen $U_i$ aus der Standardüberdeckung des $ℙ^n$ bezüglich der Zariski-Topologie des $ℙ^n$ offen sind. Durch welche Gleichung ist das Komplement der Menge $U_i$ gegeben? \end{aufgabe} Sie dürfen an dieser Stelle verwirrt sein. Wenn ich die Standardkarte \[ φ_i : 𝔸^n_k → U_i ⊂ ℙ^n_k \] betrachte, dann sehe ich auf der Standardmenge $U_i$ zwei Topologien, die beide den Namen „Zariski-Topologie“ verdienen. \begin{itemize} \item Zum einen definiert die Zariski-Topologie des projektiven Raumes $ℙ^n_k$ auf der offenen Menge $U_i ⊂ ℙ^n_k$ die Teilraumtopologie. \item Zum anderen wissen wir, dass die Standardkarte $φ_i$ den Raum $𝔸^n_k$ bijektiv auf die Menge $U_i$ abbildet. Also definiert die Zariski-Topologie des affinen Raumes $𝔸^n_k$ mithilfe der Abbildung $φ_i$ ebenfalls eine Topologie auf $U_i$. \end{itemize} Die Frage ist, welcher Unterschied zwischen diesen Konstruktionen besteht. Die Antwort lautet zum Glück: „Gar keiner!“. \begin{prop}[Vergleich der Zariski-Topologien]\label{prop:16-3-3}% Es sei $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper. Die Standardkarte \[ φ_i : 𝔸^n_k → U_i ⊂ ℙ^n_k \] ist ein Homöomorphismus zwischen dem topologischen Raum $𝔸^n_k$ (versehen mit der Zariski-Topologie) und dem Raum $U_i$ (versehen mit der Teilraumtopologie, die von der Zariski-Topologie des $ℙ^n_k$ induziert ist). \end{prop} Der (einfache) Beweis kommt gleich. Zuerst möchte ich die Gelegenheit nutzen, um vorab noch zwei Konstruktionen einzuführen, die wir später viel benutzen werden. \begin{konstruktion}[Homogenisierung]\label{kons:hom}% Es sei $k$ ein Körper und es sei $f ∈ k[x_0, …, x_{n-1}]$ irgendein Polynom. Das Polynom $f$ ist vielleicht überhaupt nicht homogen, aber es kann (wie jedes Polynom) als Summe von homogenen Polynomen geschrieben werden, \[ f(x_0, …, x_{n-1}) = \sum_{i=0}^{\deg f} f_i(x_0, …, x_{n-1}), \] wobei $f_i$ homogen vom Grad $i$ ist. Durch Hinzufügen einer weiteren Variable kann ich jetzt wie folgt ein homogenes Polynom konstruieren, \[ f^*(x_0, …, x_n) := \sum_{i=0}^{\deg f} x_n^{(\deg f)-i}·f_i(x_0, …, x_{n-1}). \] Wir erhalten eine Abbildung \[ •^* : k[x_0, …, x_{n-1}] → \{ \text{homogene Polynome in } k[x_0, …, x_n] \}, \] die oft als \emph{Homogenisierung}\index{Homogenisierung} bezeichnet wird. \end{konstruktion} \begin{konstruktion}[Dehomogenisierung]\label{kons:dehom}% Es sei $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper und es sei $f ∈ k[x_0, …, x_n]$ irgendein homogenes Polynom. Dann kann ich wie folgt ein Polynom in weniger Variablen konstruieren, \[ f_*(x_0, …, x_{n-1}) := f(x_0, …, x_{n-1}, 1). \] Wir erhalten eine Abbildung \[ •_* : \{ \text{homogene Polynome in } k[x_0, …, x_n] \} → k[x_0, …, x_{n-1}], \] die oft als \emph{Dehomogenisierung}\index{Dehomogenisierung} bezeichnet wird. \end{konstruktion} \begin{aufgabe} Inwieweit sind Homogenisierung und Dehomogenisierung zueinander inverse Abbildungen? \end{aufgabe} \begin{proof}[Beweis von Proposition~\ref{prop:16-3-3}] Wir führen den Beweis nur im Fall $i = n$. Da wir schon wissen, dass die Standardkarte $φ_n$ bijektiv ist, genügt es, folgende Aussagen zu zeigen. \begin{itemize} \item Urbilder abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen. Es sei $X ⊂ ℙ^n_k$ eine algebraische Menge, gegeben als gemeinsame Nullstellenmenge von homogenen Polynomen $f_1, …, f_m ∈ k[x_0, …, x_n]$. Rechnen Sie nach, dass die Urbildmenge $φ_n^{-1}(X)$ exakt die Nullstellenmenge der dehomogenisierten Polynome $f^*_1, …, f^*_m ∈ k[x_0, …, x_{n-1}]$ ist. \item Bilder abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen. Es sei $X ⊂ 𝔸^n_k$ eine algebraische Menge, gegeben als gemeinsame Nullstellenmenge von Polynomen $f_1, …, f_m ∈ k[x_0, …, x_{n_1}]$. Betrachte die gemeinsame Nullstellenmenge $Y ⊂ ℙ^n_k$ der homogenisierten Polynome $(f_1)_*, …, (f_m)_* ∈ k[x_0, …, x_n]$. Rechnen Sie nach, dass $φ_n(X) = Y ∩ U_n$ ist. Also ist $φ_n(X)$ bezüglich der Teilraumtopologie abgeschlossen in $U_n ⊂ ℙ^n_k$. \qedhere \end{itemize} \end{proof} \begin{bsp}[Koniken, wieder einmal]\label{bsp:konik}% Betrachte die Menge \[ X := \bigl\{ [x : y : z] ∈ ℙ²_k \::\: x·y-z² = 0 \bigr\}. \] Um einen Eindruck von der Menge $X$ zu bekommen, identifizieren wir die affine Ebene $𝔸²_k$ wie üblich mit der Menge $U_2$ und betrachte die Schnittmenge von $X$ mit dieser affinen Ebene, \[ φ_2^{-1}(X) = \bigl\{ (x,y) ∈ 𝔸²_k \::\: x·y-1 = 0 \bigr\}. \] Das ist offensichtlich die Normhyperbel. Die Sache macht neugierig, wir haben ja noch die anderen Standardkarten. Also rechne ich aus: \[ φ_1^{-1}(X) = \bigl\{ (x,z) ∈ 𝔸²_k \::\: x·1-z² = 0 \bigr\} \] und das ist die Normparabel! Die letzte Kartenabbildung, \[ φ_0^{-1}(X) = \bigl\{ (y,z) ∈ 𝔸²_k \::\: 1·y-z² = 0 \bigr\} \] liefert ebenfalls die Normparabel. \end{bsp} \begin{aufgabe}[Schärfen Sie Ihre Intuition!] Vergleichen Sie Beispiel~\ref{bsp:konik} mit ihren Lösungen der Aufgaben~\ref{exe:15-2-3} und \ref{exe:15-2-4} und machen Sie sich ein Bild. Was geht hier vor? \end{aufgabe} %%% Local Variables: %%% mode: latex %%% TeX-master: "21-KA" %%% End: