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Stefan Kebekus
2025-10-22 10:48:07 +02:00
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@@ -14,3 +14,5 @@ Lebesgue-Zahl
homotope homotope
Homotopieinvarianz Homotopieinvarianz
zusammenziehbarer zusammenziehbarer
Homotopien
Hin-

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@@ -181,7 +181,7 @@ $γ_0$ und $γ_1$ interpoliert.
\end{bemerkung} \end{bemerkung}
\section{Homotopieinvarianz von Wegintegralen und der Integralsatz von Cauchy} \section{Der Integralsatz von Cauchy}
\sideremark{Vorlesung 6} \sideremark{Vorlesung 6}
@@ -189,7 +189,7 @@ Nach den vorhergehenden Abschnitten werden Sie sich schon denken, was jetzt
kommt: Wegintegrale über homotope Wege sind gleich. Der folgende Satz stellt kommt: Wegintegrale über homotope Wege sind gleich. Der folgende Satz stellt
dies präzise dar. dies präzise dar.
\begin{satz}[Homotopieinvarianz von Wegintegralen] \begin{satz}[Homotopieinvarianz von Wegintegralen]\label{satz:4-3-1}%
Es sei $U ⊂ $ offen und es sei $f : U → $ holomorph. Weiter seien $γ_0, γ_1 Es sei $U ⊂ $ offen und es sei $f : U → $ holomorph. Weiter seien $γ_0, γ_1
: [a, b] → U$ zwei stetige Wege mit $γ_0(a) = γ_1(a)$ und $γ_0(b) = γ_1(b)$. : [a, b] → U$ zwei stetige Wege mit $γ_0(a) = γ_1(a)$ und $γ_0(b) = γ_1(b)$.
Wenn $γ_0$ und $γ_1$ zueinander homotop sind, dann gilt die Gleichheit Wenn $γ_0$ und $γ_1$ zueinander homotop sind, dann gilt die Gleichheit
@@ -222,7 +222,7 @@ dies präzise dar.
\int_{β_{j,l}} f(z) \, dz = 0. \int_{β_{j,l}} f(z) \, dz = 0.
\] \]
Gleichung~\eqref{eq:4-3-1-1} folgt nun durch Addition über alle Indizes $i$ Gleichung~\eqref{eq:4-3-1-1} folgt nun durch Addition über alle Indizes $i$
und $j$. Man beachte dabei, dass sich Wegeintegrale über entgegengesetzt und $j$. Man beachte dabei, dass sich Wegintegrale über entgegengesetzt
orientierte Wege aufheben. orientierte Wege aufheben.
\begin{figure} \begin{figure}
\begin{center} \begin{center}
@@ -234,9 +234,9 @@ dies präzise dar.
\end{figure} \end{figure}
\end{proof} \end{proof}
\begin{kor}[Integralsatz von Cauchy] \begin{kor}[Integralsatz von Cauchy]\label{kor:4-3-2}%
Es sei $U ⊂ $ offen und es sei $f : U → $ holomorph. Weiter seien $γ : [a, Es sei $U ⊂ $ offen und es sei $f : U → $ holomorph. Weiter sei $γ : [a, b]
b] → U$ ein zusammenziehbarer, stetiger Weg. Dann ist → U$ ein zusammenziehbarer, stetiger Weg. Dann ist
\[ \[
\int_{γ} f(z) \, dz = 0. \int_{γ} f(z) \, dz = 0.
\] \]
@@ -249,14 +249,158 @@ dies präzise dar.
\[ \[
γ: [0, 1] → U, \quad t ↦ e^{2πi t}. γ: [0, 1] → U, \quad t ↦ e^{2πi t}.
\] \]
Wir haben haben in Beispiel~\vref{bsp:3-2-2} aber bereits ausgerechnet, dass Wir haben in Beispiel~\vref{bsp:3-2-2} aber bereits ausgerechnet, was das
das Wegintegral gleich Wegintegral ist:
\[ \[
\int_γ \frac{1}{z} \, dz = 2πi \int_γ \frac{1}{z} \, dz = 2πi.
\] \]
ist. Nach dem Integralsatz von Cauchy ist der Weg $γ$ also nicht Nach Korollar~\ref{kor:4-3-2}, dem Integralsatz von Cauchy, ist der Weg $γ$
zusammenziehbar. Wir haben damit gezeigt, dass die Menge $^*$ nicht einfach also nicht zusammenziehbar. Wir haben damit gezeigt, dass die Menge $^*$
zusammenhängend ist. nicht einfach zusammenhängend ist.
\end{bsp} \end{bsp}
\sideremark{Vorlesung 7}
\begin{kor}[Existenz von Stammfunktionen in einfach zusammenhängenden Mengen]%
Es sei $U ⊂ $ offen und wegweise einfach zusammenhängend, und es sei $f : U
$ holomorph. Dann gibt es eine Stammfunktion $F: U → $ von $f$.
\end{kor}
\begin{proof}
Sei eine holomorphe Funktion $f$ gegeben. Um die Existenz einer Stammfunktion
zu beweisen, genügt es nach Satz~\vref{satz:3-3-9}zu zeigen, dass die
Wegintegrale $\int_• f(z)\, dz$ nur von Start- und Endpunkt des jeweiligen
Weges abhängen. Seien also $γ_0 : [a_0, b_0] → U$ $γ_1 : [a_1, b_1] → U$ zwei
stetige Wege gleichem Start- und Endpunkt, $γ_0(a_0) = γ_1(a_1)$ und $γ_0(b_0)
= γ_1(b_1)$. Betrachte als Nächstes den Weg $γ$, definiert durch
\[
γ : [a_0, b_0 + b_1 - a_1] \to U, \quad t \mapsto := \begin{cases}
γ_0(t) & t ∈ [a_0, b_0), \\
γ_1(b_0 + b_1 - t) & t ∈ [b_0, b_0 + b_1 - a_1].
\end{cases}
\]
Beachte, dass der Weg $\gamma$ stetig ist und $γ(a_0) = γ(b_0 + b_1 - a_1)$ gilt, also
dass $γ$ ein geschlossener Weg ist. Da $U$ wegweise einfach zusammenhängend ist, ist der Weg $γ$ zusammenziehbar.
Nach dem gilt daher nach dem Integralsatz von Cauchy,
\begin{align*}
0 & = \int_{γ} f(z) \, dz && \text{Korollar~\ref{kor:4-3-2}}\\
& = \int_{γ_0} f(z) \, dz - \int_{γ_1} f(z) \, dz && \text{Konstruktion von }\gamma.
\end{align*}
Damit folgt die Behauptung.
\end{proof}
Gelegentlich ist es nützlich, die folgende schwächere Version des Begriffs der
Homotopie zu verwenden. Abbildung~\ref{fig:4-3-1-2} veranschaulicht die Situation.
\begin{figure}
\begin{center}
\includegraphics[width=13cm]{04-freeHomotopy-1.png}
\end{center}
\caption{Freie Homotopie von geschlossenen Wegen}
\label{fig:4-3-1-2}
\end{figure}
\begin{definition}[Freie Homotopie von geschlossenen Wegen]\label{def:4-3-5}%
Es sei $U$ ein topologischer Raum, und $[a, b]$ ein kompaktes Intervall.
Zwei geschlossene Wege
\[
γ_0: [a, b] → U, \quad γ_1: [a, b] → U
\quad\text{mit}\quad
γ_0(a) = γ_0(b), \quad γ_1(a) = γ_1(b)
\]
heißen \emph{frei homotop}\index{freie Homotopie von Wegen}, wenn es eine
stetige Abbildung
\[
Γ: [a, b] [0, 1] \longrightarrow U
\]
gibt, sodass die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
\begin{itemize}
\item $\forall s ∈ [0, 1] : Γ(a, s) = γ_0(b)$
\item $\forall t ∈ [a, b] : Γ(t, 0) = γ_0(t) \text{ und } Γ(t, 1) = γ_1(t)$.
\end{itemize}
Eine Abbildung $Γ$ mit diesen Eigenschaften heißt \emph{freie
Homotopie}\index{freie Homotopie von Wegen} zwischen den Wegen $γ_0$ und
$γ_1$.
\end{definition}
Der Satz~\ref{satz:4-3-1} über die Homotopieinvarianz von Wegintegralen lässt
sich mit kleinen Änderungen auch auf freie Homotopien von geschlossenen Wegen
übertragen.
\begin{satz}[Invarianz von Wegintegralen unter freier Homotopie]\label{satz:4-3-6}%
Es sei $U ⊂ $ offen und es sei $f : U → $ holomorph. Weiter seien $γ_0, γ_1
: [a, b] → U$ zwei stetige. Wenn $γ_0$ und $γ_1$ zueinander frei homotop sind,
dann gilt die Gleichheit
\begin{equation}\label{eq:4-3-6-1}
\int_{γ_0} f(z) \, dz = \int_{γ_1} f(z) \, dz.
\end{equation}
\end{satz}
\begin{proof}[Beweisskizze mit Bild]
Es sei $\Gamma : [a,b] [0,1] \to U$ eine freie Homotopie zwischen den
geschlossenen Wegen $γ_0$ und $γ_1$. Betrachte weiter den in
Abbildung~\ref{fig:4-3-3} gezeigten Weg
\begin{figure}
\begin{center}
\includegraphics[width=5cm]{04-freeHomotopy-2.png}
\end{center}
\caption{Beweis: Invarianz von Wegintegralen unter freier Homotopie}
\label{fig:4-3-3}
\end{figure}
\[
\delta : [0, 1] → U, s \mapsto \Gamma(a, s).
\]
Dies ist ein Weg, der den Punkt $γ_0(a) = γ_0(b)$ mit dem Punkt $γ_1(a) =
γ_1(b)$ verbindet. Konstruiere nun einen geschlossenen Weg $\wtilde{\gamma}_1 :
[a,b] \to U$, der Folgendes macht:
\begin{itemize}
\item Er beginnt bei $γ_0(a)$,
\item folgt dem Weg $δ$ bis zu $γ_1(a)$,
\item folgt dann dem Weg $γ_1$ bis zu $γ_1(b)$,
\item folgt dann dem Weg $δ$ zurück bis zu $γ_0(a)$.
\end{itemize}
Ich behaupte, dass die Wege $γ_0$ und $\wtilde{\gamma}_1$ homotop sind. Dazu
konstruiere eine Homotopie, also eine stetige Familie von Wegen, die $γ_0$ in
$\wtilde{\gamma}_1$ überführt. Für jeden Parameterwert $s ∈ [0, 1]$
definieren wir den Weg
\[
\wtilde{\gamma}_s : [a,b] \to U,
\]
der Folgendes macht:
\begin{itemize}
\item Er beginnt bei $γ_0(a)$,
\item folgt dem Weg $δ$ bis zu $Γ(a,s)$,
\item folgt dann dem Weg $Γ(•, s)$ bis zu $Γ(b,s)$,
\item folgt dann dem Weg $δ$ zurück bis zu $γ_0(a)$.
\end{itemize}
Die Abbildung
\[
\wtilde{\Gamma} : [a,b] [0,1] \to U, \quad (t,s) \mapsto \wtilde{\gamma}_s(t)
\]
definiert dann die gesuchte Homotopie zwischen den Wegen $γ_0$ und
$\wtilde{\gamma}_1$. Nach Satz~\ref{satz:4-3-1} gilt daher
\[
\int_{γ_0} f(z) \, dz = \int_{\wtilde{\gamma}_1} f(z) \, dz = \int_{γ_1} f(z) \, dz.
\]
Die letzte Gleichung folgt unmittelbar aus der Definition des Wegintegrals
über stetige Wege (Definition~\ref{def:4-1-5}) und der Tatsache, dass die
Wegintegrale über den Hin- und Rückweg entlang von $δ$ sich aufheben.
\end{proof}
\section{Anwendung: Reelle Integration}
Der Integralsatz von Cauchy kann verwendet werden, um rein reelle Integrale
auszurechnen, die uns auch schon in der Vorlesung ``Analysis II'' interessiert
hätten. Die Notizen von Andreas Demleitner zur letzten Vorlesung
``Funktionentheorie'' sind so gut, dass ich die Seiten hier einfach wiedergebe.
\begin{center}
\noindent\includegraphics[width=14cm]{04-integration-1.png}
\noindent\includegraphics[width=14cm]{04-integration-2.png}
\noindent\includegraphics[width=14cm]{04-integration-3.png}
\end{center}
% !TEX root = Funktionentheorie % !TEX root = Funktionentheorie