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Stefan Kebekus
2025-10-22 11:04:51 +02:00
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@@ -204,9 +204,9 @@ dies präzise dar.
\]
eine Homotopie zwischen den Wegen $γ_0$ und $γ_1$. Weil die Menge $[a, b]
[0, 1]$ kompakt ist, können wir nach Erinnerung~\ref{eri:3-4-1} die Bildmenge
$γ\bigl([a, b] [0, 1]\bigr) ⊂ U$ ist kompakt mit endlich viele Kreisscheiben $Δ_1, …,
Δ_n$ aus $U$ überdecken. Weiter können wir eine Unterteilung der Intervalle
finden,
$γ\bigl([a, b] [0, 1]\bigr) ⊂ U$ ist kompakt mit endlich viele Kreisscheiben
$Δ_1, …, Δ_n$ aus $U$ überdecken. Weiter können wir eine Unterteilung der
Intervalle finden,
\begin{align*}
a & = t_0 < t_1 < t_2 < … < t_m = b && \text{von } [a, b], \\
0 & = s_0 < s_1 < s_2 < … < s_k = 1 && \text{von } [0, 1],
@@ -243,9 +243,9 @@ dies präzise dar.
\end{kor}
\begin{bsp}[Die Menge $^*$ ist nicht einfach zusammenhängend]\label{bsp:4-3-3}%
Wir betrachten die offene Menge $U := ^* = \{0\}$ und die
holomorphe Funktion $f: U → $, $z ↦ 1/z$. Weiter betrachten wir den
geschlossenen Kreisweg
Wir betrachten die offene Menge $U := ^* = \{0\}$ und die holomorphe
Funktion $f: U → $, $z ↦ 1/z$. Weiter betrachten wir den geschlossenen
Kreisweg
\[
γ: [0, 1] → U, \quad t ↦ e^{2πi t}.
\]
@@ -255,41 +255,44 @@ dies präzise dar.
\int_γ \frac{1}{z} \, dz = 2πi.
\]
Nach Korollar~\ref{kor:4-3-2}, dem Integralsatz von Cauchy, ist der Weg $γ$
also nicht zusammenziehbar. Wir haben damit gezeigt, dass die Menge $^*$
also nicht zusammenziehbar. Wir haben damit gezeigt, dass die Menge $^*$
nicht einfach zusammenhängend ist.
\end{bsp}
\sideremark{Vorlesung 7}
\begin{kor}[Existenz von Stammfunktionen in einfach zusammenhängenden Mengen]%
Es sei $U ⊂ $ offen und wegweise einfach zusammenhängend, und es sei $f : U
$ holomorph. Dann gibt es eine Stammfunktion $F: U → $ von $f$.
Es sei $U ⊂ $ offen und wegweise einfach zusammenhängend, und es sei $f : U
$ holomorph. Dann gibt es eine Stammfunktion $F: U → $ von $f$.
\end{kor}
\begin{proof}
Sei eine holomorphe Funktion $f$ gegeben. Um die Existenz einer Stammfunktion
Sei eine holomorphe Funktion $f$ gegeben. Um die Existenz einer Stammfunktion
zu beweisen, genügt es nach Satz~\vref{satz:3-3-9}zu zeigen, dass die
Wegintegrale $\int_• f(z)\, dz$ nur von Start- und Endpunkt des jeweiligen
Weges abhängen. Seien also $γ_0 : [a_0, b_0] → U$ $γ_1 : [a_1, b_1] → U$ zwei
Weges abhängen. Seien also $γ_0 : [a_0, b_0] → U$ $γ_1 : [a_1, b_1] → U$ zwei
stetige Wege gleichem Start- und Endpunkt, $γ_0(a_0) = γ_1(a_1)$ und $γ_0(b_0)
= γ_1(b_1)$. Betrachte als Nächstes den Weg $γ$, definiert durch
= γ_1(b_1)$. Betrachte als Nächstes den Weg $γ$, definiert durch
\[
γ : [a_0, b_0 + b_1 - a_1] \to U, \quad t \mapsto := \begin{cases}
γ : [a_0, b_0 + b_1 - a_1] U, \quad t ↦ :=
\begin{cases}
γ_0(t) & t ∈ [a_0, b_0), \\
γ_1(b_0 + b_1 - t) & t ∈ [b_0, b_0 + b_1 - a_1].
\end{cases}
\]
Beachte, dass der Weg $\gamma$ stetig ist und $γ(a_0) = γ(b_0 + b_1 - a_1)$ gilt, also
dass $γ$ ein geschlossener Weg ist. Da $U$ wegweise einfach zusammenhängend ist, ist der Weg $γ$ zusammenziehbar.
Nach dem gilt daher nach dem Integralsatz von Cauchy,
Beachte, dass der Weg $γ$ stetig ist und $γ(a_0) = γ(b_0 + b_1 - a_1)$ gilt,
also dass $γ$ ein geschlossener Weg ist. Da $U$ wegweise einfach
zusammenhängend ist, ist der Weg $γ$ zusammenziehbar. Nach dem gilt daher nach
dem Integralsatz von Cauchy,
\begin{align*}
0 & = \int_{γ} f(z) \, dz && \text{Korollar~\ref{kor:4-3-2}}\\
& = \int_{γ_0} f(z) \, dz - \int_{γ_1} f(z) \, dz && \text{Konstruktion von }\gamma.
& = \int_{γ_0} f(z) \, dz - \int_{γ_1} f(z) \, dz && \text{Konstruktion von }γ.
\end{align*}
Damit folgt die Behauptung.
\end{proof}
Gelegentlich ist es nützlich, die folgende schwächere Version des Begriffs der
Homotopie zu verwenden. Abbildung~\ref{fig:4-3-1-2} veranschaulicht die Situation.
Homotopie zu verwenden. Abbildung~\ref{fig:4-3-1-2} veranschaulicht die
Situation.
\begin{figure}
\begin{center}
@@ -325,20 +328,20 @@ Homotopie zu verwenden. Abbildung~\ref{fig:4-3-1-2} veranschaulicht die Situatio
Der Satz~\ref{satz:4-3-1} über die Homotopieinvarianz von Wegintegralen lässt
sich mit kleinen Änderungen auch auf freie Homotopien von geschlossenen Wegen
übertragen.
übertragen.
\begin{satz}[Invarianz von Wegintegralen unter freier Homotopie]\label{satz:4-3-6}%
Es sei $U ⊂ $ offen und es sei $f : U → $ holomorph. Weiter seien $γ_0, γ_1
: [a, b] → U$ zwei stetige. Wenn $γ_0$ und $γ_1$ zueinander frei homotop sind,
dann gilt die Gleichheit
: [a, b] → U$ zwei stetige. Wenn $γ_0$ und $γ_1$ zueinander frei homotop
sind, dann gilt die Gleichheit
\begin{equation}\label{eq:4-3-6-1}
\int_{γ_0} f(z) \, dz = \int_{γ_1} f(z) \, dz.
\end{equation}
\end{satz}
\begin{proof}[Beweisskizze mit Bild]
Es sei $\Gamma : [a,b] [0,1] \to U$ eine freie Homotopie zwischen den
geschlossenen Wegen $γ_0$ und $γ_1$. Betrachte weiter den in
Abbildung~\ref{fig:4-3-3} gezeigten Weg
Es sei $Γ : [a,b] [0,1] U$ eine freie Homotopie zwischen den geschlossenen
Wegen $γ_0$ und $γ_1$. Betrachte weiter den in Abbildung~\ref{fig:4-3-3}
gezeigten Weg
\begin{figure}
\begin{center}
\includegraphics[width=5cm]{04-freeHomotopy-2.png}
@@ -348,23 +351,23 @@ sich mit kleinen Änderungen auch auf freie Homotopien von geschlossenen Wegen
\label{fig:4-3-3}
\end{figure}
\[
\delta : [0, 1] → U, s \mapsto \Gamma(a, s).
δ : [0, 1] → U, s ↦ Γ(a, s).
\]
Dies ist ein Weg, der den Punkt $γ_0(a) = γ_0(b)$ mit dem Punkt $γ_1(a) =
γ_1(b)$ verbindet. Konstruiere nun einen geschlossenen Weg $\wtilde{\gamma}_1 :
[a,b] \to U$, der Folgendes macht:
γ_1(b)$ verbindet. Konstruiere nun einen geschlossenen Weg $\wtilde{γ}_1 :
[a,b] U$, der Folgendes macht:
\begin{itemize}
\item Er beginnt bei $γ_0(a)$,
\item folgt dem Weg $δ$ bis zu $γ_1(a)$,
\item folgt dann dem Weg $γ_1$ bis zu $γ_1(b)$,
\item folgt dann dem Weg $δ$ zurück bis zu $γ_0(a)$.
\end{itemize}
Ich behaupte, dass die Wege $γ_0$ und $\wtilde{\gamma}_1$ homotop sind. Dazu
Ich behaupte, dass die Wege $γ_0$ und $\wtilde{γ}_1$ homotop sind. Dazu
konstruiere eine Homotopie, also eine stetige Familie von Wegen, die $γ_0$ in
$\wtilde{\gamma}_1$ überführt. Für jeden Parameterwert $s ∈ [0, 1]$
definieren wir den Weg
$\wtilde{γ}_1$ überführt. Für jeden Parameterwert $s ∈ [0, 1]$ definieren wir
den Weg
\[
\wtilde{\gamma}_s : [a,b] \to U,
\wtilde{γ}_s : [a,b] U,
\]
der Folgendes macht:
\begin{itemize}
@@ -375,13 +378,13 @@ sich mit kleinen Änderungen auch auf freie Homotopien von geschlossenen Wegen
\end{itemize}
Die Abbildung
\[
\wtilde{\Gamma} : [a,b] [0,1] \to U, \quad (t,s) \mapsto \wtilde{\gamma}_s(t)
\wtilde{Γ} : [a,b] [0,1] U, \quad (t,s) \wtilde{γ}_s(t)
\]
definiert dann die gesuchte Homotopie zwischen den Wegen $γ_0$ und
$\wtilde{\gamma}_1$. Nach Satz~\ref{satz:4-3-1} gilt daher
$\wtilde{γ}_1$. Nach Satz~\ref{satz:4-3-1} gilt daher
\[
\int_{γ_0} f(z) \, dz = \int_{\wtilde{\gamma}_1} f(z) \, dz = \int_{γ_1} f(z) \, dz.
\]
\int_{γ_0} f(z) \, dz = \int_{\wtilde{γ}_1} f(z) \, dz = \int_{γ_1} f(z) \, dz.
\]
Die letzte Gleichung folgt unmittelbar aus der Definition des Wegintegrals
über stetige Wege (Definition~\ref{def:4-1-5}) und der Tatsache, dass die
Wegintegrale über den Hin- und Rückweg entlang von $δ$ sich aufheben.
@@ -391,9 +394,9 @@ sich mit kleinen Änderungen auch auf freie Homotopien von geschlossenen Wegen
\section{Anwendung: Reelle Integration}
Der Integralsatz von Cauchy kann verwendet werden, um rein reelle Integrale
auszurechnen, die uns auch schon in der Vorlesung ``Analysis II'' interessiert
hätten. Die Notizen von Andreas Demleitner zur letzten Vorlesung
``Funktionentheorie'' sind so gut, dass ich die Seiten hier einfach wiedergebe.
auszurechnen, die uns auch schon in der Vorlesung Analysis II interessiert
hätten. Die Notizen von Andreas Demleitner zur Vorlesung „Funktionentheorie“
aus dem Jahr 2022 sind so gut, dass ich die Seiten hier einfach wiedergebe.
\begin{center}
\noindent\includegraphics[width=14cm]{04-integration-1.png}