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vendored
@@ -36,3 +36,4 @@ Lebesgue
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Beauvais
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Maximumsprinzips
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Saint-Omer
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Holomorphie
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@@ -720,7 +720,7 @@ einer Viertelungsargumentation basiert.
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Das ist Ungleichung~\eqref{eq:3-4-6-2}, die zu zeigen war.
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\end{proof}
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\begin{kor}[Stammfunktionen auf der Kreisscheibe I]\label{kor:3-4-7}%
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\begin{kor}[Stammfunktionen auf der Kreisscheibe II]\label{kor:3-4-7}%
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Es sei $U = \{z ∈ ℂ \mid |z| < 1\}$ die Kreisscheibe und es sei $f: U → ℂ$
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holomorph. Dann besitzt $f$ eine Stammfunktion. \qed
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\end{kor}
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125
05-cauchy.tex
125
05-cauchy.tex
@@ -227,7 +227,7 @@ Es gilt noch mehr, aber dafür müssen wir etwas mehr arbeiten.
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\end{align*}
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Betrachte die Funktion unter dem Integral:
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\[
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\varphi: B_r(z_0) ⨯ [0, 2π] \to ℂ, \quad (w, t) ↦ \frac{f(z_0 + r · \exp(it))· r · i · \exp(it)}{z_0 + r · \exp(it) - w}.
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||||
\varphi: B_r(z_0) ⨯ [0, 2π] → ℂ, \quad (w, t) ↦ \frac{f(z_0 + r · \exp(it))· r · i · \exp(it)}{z_0 + r · \exp(it) - w}.
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\]
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||||
Die Funktion $\varphi$ ist stetig. Zusätzlich gilt für jedes $t ∈ [0, 2π]$,
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dass die Funktion $\varphi(·, t): B_r(z_0) → ℂ$ holomorph ist. Damit folgt
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@@ -245,7 +245,7 @@ Es gilt noch mehr, aber dafür müssen wir etwas mehr arbeiten.
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Betrachte die Funktion unter dem Integral:
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\[
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||||
\varphi': B_r(z_0) ⨯ [0, 2π] \to ℂ, \quad (w, t) ↦ \frac{f(z_0 + r · \exp(it))· r · i · \exp(it)}{(z_0 + r · \exp(it) - w)²}.
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||||
\varphi': B_r(z_0) ⨯ [0, 2π] → ℂ, \quad (w, t) ↦ \frac{f(z_0 + r · \exp(it))· r · i · \exp(it)}{(z_0 + r · \exp(it) - w)²}.
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\]
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Die Funktion $\varphi'$ ist stetig. Zusätzlich gilt für jedes $t ∈ [0, 2π]$,
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dass die Funktion $\varphi'(·, t): B_r(z_0) → ℂ$ holomorph ist. Damit folgt
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@@ -280,4 +280,125 @@ Es gilt noch mehr, aber dafür müssen wir etwas mehr arbeiten.
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$f'(z) = 0$ ist. Nach Konsequenz~\ref{kons:3-2-11} ist $f$ damit konstant.
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\end{proof}
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\sideremark{Vorlesung 9}
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\begin{kor}[Fundamentalsatz der Algebra]\label{kor:5-2-5}%
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\index{Fundamentalsatz der Algebra}Es sei $f ∈ 𝒪(ℂ)$ ein Polynom ohne
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Nullstelle. Dann ist $f$ konstant.
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\end{kor}
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\begin{proof}
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Wir werden gleich zeigen: $|f|$ ist nach unten beschränkt. Genauer: Es
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existiert eine Zahl $m ∈ ℝ⁺$, sodass für jedes $z ∈ ℂ$ die Ungleichung $m <
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|f(z)|$ gilt. Dann ist $1/f ∈ 𝒪(ℂ)$ beschränkt und holomorph, also nach
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Korollar~\ref{kor:4-4-3} („Satz von Liouville“) konstant. Also ist $f$
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konstant. Um die Beschränktheit zu zeigen, schreibe das Polynom $f$ zunächst
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aus,
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\[
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f = \sum_{i=0}^n a_i · zⁱ, \quad \text{mit Leitkoeffizient } a_n ≠ 0.
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\]
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Wähle eine Zahl $0 < ε ≪ |a_n|$ und beobachte, dass ein Radius $r ∈ ℝ⁺$
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existiert, sodass für jedes $z ∈ ℂ ∖ B_r(0)$ die Ungleichung
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\[
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\left| \frac{a_{n-1}}{z} + ⋯ + \frac{a_0}{z^n} \right| < ε
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\]
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gilt. Nach der Dreiecksungleichung gilt dann für jedes $z ∈ ℂ ∖ B_r(0)$
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\[
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\left| f(z)/z^n \right| = \left| a_n + \frac{a_{n-1}}{z} + ⋯ + \frac{a_0}{z^n} \right|
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> |a_n| - ε
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\]
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||||
und somit
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\[
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|f(z)| > |z|^n · (|a_n| - ε) > r^n · (|a_n| - ε).
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\]
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Also gilt für jedes $z ∈ ℂ$ die Ungleichung
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\[
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|f(z)| > \min \left\{ r^n (|a_n| - ε), \min_{\substack{z ∈ \overline{B}_r(0)}} |f(z)| \right\}.
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\]
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Beachte dazu, dass die stetige Funktion $|f|$ auf der kompakten Menge
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$\overline{B}_r(0)$ ein Minimum annimmt. Die rechte Seite der Ungleichung ist
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daher positiv.
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\end{proof}
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\begin{kor}[Charakterisierung holomorpher Funktionen]\label{kor:5-2-6}%
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Sei $U ⊆ ℂ$ offen und $f : U → ℂ$ sei stetig. Dann sind die folgenden
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Aussagen äquivalent.
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\begin{enumerate}
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\item\label{il:5-2-8-1} Die Funktion $f$ ist holomorph.
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\item\label{il:5-2-8-2} Für jedes achsenparallele Rechteck $\mathcal{R} ⊂ U$
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verschwindet das Randintegral,
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\[
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\int_{∂ \mathcal{R}} f(z)\, dz = 0.
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\]
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\end{enumerate}
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\end{kor}
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\begin{proof}
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Die Richtung \ref{il:5-2-8-1} $⇒$ \ref{il:5-2-8-2} ist
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Korollar~\ref{kor:4-3-2} („Integralsatz von Cauchy“) denn der Weg rund um das
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Rechteck $\mathcal{R}$ ist in $U$ zusammenziehbar.
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Um Richtung \ref{il:5-2-8-2} $⇒$ \ref{il:5-2-8-1} zu zeigen, erinnern wir uns,
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dass Holomorphie ist eine lokale Eigenschaft ist. Wir können die Menge $U$
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mit Kreisscheiben $\{Δ_i\}_{i ∈ I}$ überdecken und für jedes $i ∈ I$ zeigen,
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dass $f|_{Δ_i} : Δ_i → ℂ$ holomorph ist. Also dürfen wir ohne Einschränkung
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annehmen, dass $U$ eine Kreisscheibe ist. Nach Korollar~\ref{kor:3-4-7}
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(„Stammfunktionen auf der Kreisscheibe II“) hat $f$ eine Stammfunktion, also
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eine Funktion $F ∈ 𝒪(U)$ mit $F' = f$. Wir wissen nach Satz~\ref{satz:4-4-2}
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(„Satz von Goursat“), dass $F$ nicht nur ein mal, sondern unendlich oft
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komplex differenzierbar ist. Also ist $f = F' ∈ 𝒪(U)$.
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\end{proof}
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\begin{kor}[Hebbarkeitssatz]\label{kor:5-2-7}%
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Sei $U ⊂ ℂ$ offen und sei $L ⊂ ℂ$ eine Gerade (nicht unbedingt durch den
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Ursprung). Falls $f : U → ℂ$ stetig und $f|_{U ∖ L} ∈ 𝒪(U ∖ L)$ ist, dann
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ist $f ∈ 𝒪(U)$.
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\end{kor}
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\begin{proof}
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Nach Drehung (= Multiplikation mit einer Zahl der Form $e^{iα}$ aus $ℂ^*$) und
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Verschieben (= Addition mit Zahl komplexen) können wir ohne Beschränkung der
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Allgemeinheit annehmen, dass die Gerade $L$ die reelle Achse ist. Um zu
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zeigen, dass $f$ holomorph ist, betrachten wir achsenparallele Rechtecke
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$\mathcal{R} ⊂ U$. Wenn $\mathcal{R}$ ganz in $U ∖ L$ liegt, ist
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\[
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\int_{∂ \mathcal{R}} f(z)\, dz = 0.
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\]
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Wenn $\mathcal{R}$ die Gerade $L$ schneidet, zerlege $\mathcal{R}$ in zwei
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Rechtecke.
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\begin{center}
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\begin{tikzpicture}[scale=0.8]
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\draw[thick] (-2,0) -- (4,0) node[right] {$L$};
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\draw[thick] (0,-1) rectangle (3,2);
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\draw[dashed] (0,0) -- (3,0);
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||||
\node at (1.5,1) {$\mathcal{R}_1$};
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\node at (1.5,-0.5) {$\mathcal{R}_2$};
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\end{tikzpicture}
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\end{center}
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Es genügt, das Rechteck $\mathcal{R}_1$ zu betrachten. Gegeben eine Zahl $ε >
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0$, so zerlegen wir $\mathcal{R}_1$ weiter.
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\begin{center}
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||||
\begin{tikzpicture}[scale=0.8]
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||||
\draw[thick] (0,0) rectangle (3,2);
|
||||
\draw[dashed] (0,0.3) -- (3,0.3);
|
||||
\draw[thick] (-1,0) -- (4,0) node[right] {$L$};
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||||
\node at (1.5,1.15) {$\mathcal{R}'_{ε}$};
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||||
\node at (1.5,0.15) {$\mathcal{R}''_{ε}$};
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||||
\end{tikzpicture}
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||||
\end{center}
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Dann ist
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\[
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\int_{∂ \mathcal{R}_1} f(z)\, dz
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= \underbrace{\int_{∂ \mathcal{R}'_{ε}} f(z)\, dz}_{= 0 \text{ weil } \mathcal{R}'_{ε} ⊂ U ∖ L} + \int_{∂ \mathcal{R}''_{ε}} f(z)\, dz.
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\]
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Beachte, dass der zweite Summand für $ε → 0$ gegen $0$ konvergiert, weil $f$
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stetig ist. Also ist $\int_{∂ \mathcal{R}_1} f(z)\, dz = 0$, und analog ist
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$\int_{∂ \mathcal{R}} f(z)\, dz = 0$.
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\end{proof}
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\begin{kor}[Variante]\label{kor:5-2-8}%
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Sei $U ⊂ ℂ$ offen und $L_1, … L_n$ seien endlich viele Geraden. Falls $f : U
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→ ℂ$ stetig ist und $f ∈ 𝒪(U ∖ (L_1 ∪ ⋯ ∪ L_n))$, dann ist $f ∈ 𝒪(U)$.
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\end{kor}
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\begin{proof}
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Entferne eine Gerade nach der anderen und argumentiere induktiv.
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\end{proof}
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% !TEX root = Funktionentheorie
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06-potenz.tex
Normal file
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06-potenz.tex
Normal file
@@ -0,0 +1,67 @@
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% spell checker language
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\selectlanguage{german}
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\chapter{Potenzreihenentwicklung}
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In der Analysis liefern Potenzreihen $\sum a_i xⁱ$ interessante Beispiele für
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reelle Funktionen. Gegeben irgendeine $\cC^∞$-Funktion $f$, so kann ich $f$ mit
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der Taylor-Entwicklung vergleichen. In diesem Abschnitt geht es um ähnliche
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Aussagen für komplexe Potenzreihen $\sum a_i zⁱ$ (wo $a_i ∈ ℂ$, $z$ eine
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komplexe Variable) und Taylor-Entwicklungen von holomorphen Funktionen.
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\begin{erinnerung}[Potenzreihen in Analysis I und II]
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Es sei $(a_i)_i$ eine Folge reeller Zahlen und sei $ρ ∈ ℝ$ eine feste Zahl.
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\begin{enumerate}
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\item Ausdrücke der Form $\sum_{i=0}^∞ a_i (x - ρ)ⁱ$ heißen „Potenzreihen mit
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Entwicklungspunkt $ρ$“.
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\item Angenommen, es existiert ein $x_0 ∈ ℝ$, sodass $\sum a_i (x_0 - ρ)ⁱ$
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konvergiert. Dann gilt für alle $x$ mit $|x - ρ| < |x_0 - ρ|$, dass die
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Reihe $\sum a_i (x - ρ)ⁱ$ absolut konvergiert.
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\item Die Zahl
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\[
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\sup \left\{ |x - ρ| \::\: x ∈ ℝ, \text{ sodass } \sum a_i (x - ρ)ⁱ \text{ konvergiert} \right\}
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∈ ℝ^{≥ 0} ∪ \{∞\}
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\]
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heißt Konvergenzradius.
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\item Es sei $\sum_{i=0}^∞ a_i (x - ρ)ⁱ$ eine Potenzreihe mit Konvergenzradius
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$R > 0$. Dann gilt: die Folge der Partialsummen konvergiert auf dem offenen
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Intervall $(ρ-r, ρ+r)$ kompakt. Das bedeutet: auf jeder kompakten Teilmenge
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$K$ von $(ρ-r, ρ+r)$ konvergiert die Folge der Partialsummen gleichmäßig.
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\end{enumerate}
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\end{erinnerung}
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Alle Aussagen gelten mit denselben Beweisen auf für komplexe Zahlen.
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\begin{fakt}[Komplexe Potenzreihen]
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Es sei $(a_i)_i$ eine Folge komplexer Zahlen und sei $ρ ∈ ℂ$ eine feste Zahl.
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||||
\begin{enumerate}
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||||
\item Ausdrücke der Form $\sum_{i=0}^∞ a_i (z - ρ)ⁱ$ heißen „komplexe
|
||||
Potenzreihen mit Entwicklungspunkt $ρ$“.
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||||
\item Angenommen, es existiert ein $z_0 ∈ ℂ$, sodass $\sum a_i (z_0 - ρ)ⁱ$
|
||||
konvergiert. Dann gilt für alle $z$ mit $|z - ρ| < |z_0 - ρ|$, dass die
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||||
Reihe $\sum a_i (z - ρ)ⁱ$ absolut konvergiert.
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||||
|
||||
\item Die Zahl
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||||
\[
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||||
\sup \left\{ |z - ρ| \::\: z ∈ ℂ, \text{ sodass } \sum a_i (x - ρ)ⁱ \text{ konvergiert} \right\}
|
||||
∈ ℝ^{≥ 0} ∪ \{∞\}
|
||||
\]
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||||
heißt Konvergenzradius.
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||||
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\item\label{il:6-0-2-4} Es sei $\sum_{i=0}^∞ a_i (x - ρ)ⁱ$ eine komplexe
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Potenzreihe mit Konvergenzradius $R > 0$. Dann gilt: die Folge der
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Partialsummen konvergiert auf der offenen Kreisscheibe $B_r(ρ)$ kompakt. Das
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bedeutet: auf jeder kompakten Teilmenge $K$ von $B_r(ρ)$ konvergiert die
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Folge der Partialsummen gleichmäßig.
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\end{enumerate}
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\end{fakt}
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Man beachte: Genau wie in der reellen Situation machen wir in \ref{il:6-0-2-4}
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keinerlei Aussagen über Konvergenz der Reihe für Punkte $z$, die auf dem Rand $∂
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B_r(ρ)$ der Kreisscheibe liegen.
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% !TEX root = Funktionentheorie
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@@ -143,6 +143,7 @@ Link in den Text ein.
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\part{Lokale Struktur holomorpher Funktionen}
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\input{05-cauchy}
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\input{06-potenz}
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\addchap{Lizenz}
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Reference in New Issue
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