From 18c7881a2cc6de91a2d4f186fdf0b05f7777be08 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Stefan Kebekus Date: Tue, 25 Nov 2025 14:50:01 +0100 Subject: [PATCH] =?UTF-8?q?Working=E2=80=A6?= MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset=UTF-8 Content-Transfer-Encoding: 8bit --- 11-applications.tex | 2 +- 12-residuum.tex | 106 +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++- Funktionentheorie.tex | 1 + 3 files changed, 106 insertions(+), 3 deletions(-) diff --git a/11-applications.tex b/11-applications.tex index f10d9eb..b3a0fcb 100644 --- a/11-applications.tex +++ b/11-applications.tex @@ -51,6 +51,7 @@ charakterisieren. \section{Automorphismen der komplexen Ebene} +\sideremark{Vorlesung 14} Ähnlich wie im Abschnitt~\ref{sec:7-3} möchte ich die Stärke der funktionentheoretischen Methoden demonstrieren, indem ich die Automorphismen der @@ -154,7 +155,6 @@ In der Summe haben wir folgenden Satz bewiesen. \section{Funktionen mit vorgeschriebenen Singularitäten} -\sideremark{Vorlesung 14} \begin{frage}[Funktionen mit vorgeschriebenen Singularitäten, vereinfachte Fragestellung]\label{fr:11-3-1}% Sei $P ⊂ ℂ$ eine abgeschlossene und diskrete Teilmenge. Gibt es eine Funktion diff --git a/12-residuum.tex b/12-residuum.tex index c5e3b7a..b73026f 100644 --- a/12-residuum.tex +++ b/12-residuum.tex @@ -52,8 +52,8 @@ Der Begriff „Umlaufzahl“ präzisiert die in \ref{bem:12-0-2} gemachte Beobachtung. \begin{satz}[Umlaufzahl]\label{satz:12-2-1}% - Sei $p ∈ ℂ$ und $γ: [0,1] → ℂ ∖ \{p\}$ ein geschlossener Weg. Dann gibt es - genau eine Zahl $n ∈ ℤ$, sodass der Weg $γ$ frei homotop zum Weg + Sei $p ∈ ℂ$ und $γ: [0,1] → ℂ ∖ \{p\}$ ein stetiger, geschlossener Weg. Dann + gibt es genau eine Zahl $n ∈ ℤ$, sodass der Weg $γ$ frei homotop zum Weg \[ [0,1] → ℂ ∖ \{p\}, \quad t ↦ p + \exp(2π int) \] @@ -156,4 +156,106 @@ deren Gültigkeit an. Details sind Inhalt der Vorlesung „Topologie“. Damit ist die Goldene Regel 3 zumindest halbwegs gerechtfertigt. \end{proof} + +\subsection{Beweis des Satzes~\ref*{satz:12-2-1} über die Umlaufzahl} + +Wir bewiesen Satz~\ref{satz:12-2-1} in mehreren Schritten. + +\begin{bemerkung} + Nach Anwendung einer geeigneten Verschiebung können wir ohne Beschränkung der + Allgemeinheit annehmen, dass $p$ der Nullpunkt ist, $p = 0$. +\end{bemerkung} + +\begin{behauptung}[Existenz eines Logarithmus-Wegs]\label{beh:12-2-3}% + Sei $a ∈ ℂ$ ein Logarithmus von $γ(0)$ (das bedeutet: $\exp(a) = γ(0)$). Dann + gibt es einen stetigen Weg $\widetilde{γ}: [0,1] → ℂ$ mit $\widetilde{γ}(0) = + a$, sodass für jedes $t \in [0,1]$ die Gleichung + \[ + γ(t) = exp \bigl( \widetilde{γ}(t) \bigr) + \] + gilt. +\end{behauptung} +\begin{proof}[Beweis von Behauptung~\ref{beh:12-2-3}] + Einige Fälle sind einfach. + \begin{itemize} + \item Falls $\Bild(γ)$ ganz in der geschlitzten Ebene $S \subseteq \bC$ liegt, + nehmen wir + \[ + \widetilde{γ}(t) = \log (γ(t)) + 2π i k. + \] + Dabei ist $\log$ der Hauptzweig des Logarithmus und $k ∈ ℤ$ ist so gewählt, + dass $\widetilde{γ}(0) = a$ ist. + + \item Falls $\Bild(γ)$ ganz in $-S \subseteq \bC$ liegt, können wir analog + vorgehen. + \end{itemize} + Im Allgemeinen wird das Bild von $\gamma$ weder in $S$ noch in $-S$ liegen. + Dann zerlegen wir das Intervall $[0,1]$ durch Zwischenpunkte, $0 = t_0 < t_1 < + … < t_r = 1$ so, dass $γ([t_{i-1}, t_i])$ jeweils in einem $S$ oder in $-S$ + enthalten ist. Wähle dann induktiv Logarithmus-Wege + \[ + \widetilde{γ}_i: [t_{i-1}, t_i] → ℂ + \quad\text{mit}\quad + \widetilde{γ}_i(t_{i-1}) = + \begin{cases} + a & \text{falls } i = 1 \\ + \widetilde{γ}_{i-1}(t_{i-1}) & \text{sonst} + \end{cases} + \] + und erhalte durch Zusammenfügen der Wege $\widetilde{γ}_i$ den gewünschten Weg + $\widetilde{γ}$. +\end{proof} + +\begin{behauptung}[Existenz von $n$]\label{beh:12-2-4}% + Es gibt eine Zahl $n ∈ ℤ$, sodass der Weg $γ$ frei homotop zum Weg + \[ + \delta_n : [0,1] → ℂ ∖ \{p\}, \quad t ↦ \exp(2πin·t) + \] + ist. +\end{behauptung} +\begin{proof}[Beweis von Behauptung~\ref{beh:12-2-4}] + Es ist + \[ + \exp(\widetilde{γ}(0)) = γ(0) = γ(1) = \exp(\widetilde{γ}(1)). + \] + Also ist $\widetilde{γ}(1) - \widetilde{γ}(0) ∈ \ker(\exp) = 2π i ℤ$. Demnach + gibt es eine Zahl $n ∈ ℤ$ mit + \[ + \widetilde{γ}(1) = \widetilde{γ}(0) + 2π i·n. + \] + Wir erinnern uns daran, dass der Topologische Raum $\bC$ einfach + zusammenhängend ist. Daher ist der $\widetilde{γ}$ in $ℂ$ homotop zu jedem + anderen Weg mit denselben Anfangs- und Endpunkt. Insbesondere ist + $\widetilde{γ}$ homotop zu + \[ + β: [0,1] → ℂ, \quad t ↦ \widetilde{γ}(0) + 2πin·t. + \] + Also ist der Weg $γ = \exp \circ \widetilde{γ}$ in $\bC^*$ homotop zu + \[ + \exp \circ β: [0,1] → ℂ, \quad t ↦ γ(0)·\exp(2πin·t). + \] + Dieser Weg wiederum ist in $ℂ^*$ frei homotop zu $\delta_n$. Damit ist die + Existenz von $n$ gezeigt. +\end{proof} + +\begin{behauptung}[Eindeutigkeit von $n$]\label{beh:12-2-5}% + Es gibt genau Zahl $n ∈ ℤ$, sodass der Weg $γ$ frei homotop zum Weg + \[ + \delta_n : [0,1] → ℂ ∖ \{p\}, \quad t ↦ \exp(2πin·t) + \] + ist, nämlich + \[ + n = \frac{1}{2π i} \int_{γ} \frac{1}{z} \, dz. + \] +\end{behauptung} +\begin{proof}[Beweis von Behauptung~\ref{beh:12-2-5}] + Sei $n$ eine Zahl mit der Eigenschaft, dass $γ$ frei homotop zu $\delta_n$ + ist. Dann ist + \begin{align*} + n & = \frac{1}{2π i} \int_{\delta_n} \frac{1}{z} \, dz && \text{Beispiel~\ref{bsp:3-2-2}} \\ + & = \frac{1}{2π i} \int_{β} \frac{1}{z} \, dz. && \text{Satz~\ref{satz:4-3-6}.} + \end{align*} + Damit ist die Zahl $n$ eindeutig bestimmt. +\end{proof} + % !TEX root = Funktionentheorie diff --git a/Funktionentheorie.tex b/Funktionentheorie.tex index 1a3fb54..2508c29 100644 --- a/Funktionentheorie.tex +++ b/Funktionentheorie.tex @@ -67,6 +67,7 @@ \newtheorem{erinnerung}[thm]{Erinnerung} \newtheorem{erkl}[thm]{Erklärung} \newtheorem{claim-de}[thm]{Vorüberlegung} +\newtheorem{behauptung}[thm]{Behauptung} % sideremark \newcommand\sideremark[1]{\marginpar