% spell checker language \selectlanguage{german} \chapter{Kreisteilungskörper und die Konstruierbarkeit des regulären $n$-Ecks} \label{chap:22} Jetzt, ganz am Ende des Semesters, haben wir alle Vorbereitungen zusammen um die Frage nach der Konstruierbarkeit des regulären $n$-Ecks vollständig zu beantworten. Der Beweis verwendet den Stoff des Semesters vollständig! \section{Die Einheitswurzeln und die $φ$-Funktion} Wir hatten gleich am Anfang die Frage nach der Konstruierbarkeit mit Körpertheorie zusammengebracht. Der relevante Körper für das reguläre $n$-Eck ist der Zerfällungskörper des Polynoms $x^n-1$. \begin{definition}[Kreisteilungskörper, Einheitswurzeln]\label{def:ktk} Es sei $n ∈ ℕ$ eine Zahl. Der Zerfällungskörper des Polynoms $f_n(x) := x^n-1 ∈ ℚ[x]$ wird als \emph{$n$.ter Kreisteilungskörper über $ℚ$}\index{Kreisteilungskörper} bezeichnet. Die Schreibweise $L_n/ℚ$ ist üblich. \end{definition} \begin{figure} \centering \begin{tikzpicture}[scale=1] \def \n {8} \def \radius {1.5} \def \laenger {0.3} \draw (-\radius-\laenger,0) -- ( \radius+\laenger,0); \draw (0,-\radius-\laenger) -- (0, \radius+\laenger); \draw[lightgray, dashed] (0,0) circle (\radius); \foreach \s in {0,...,7} { \coordinate (\s) at ({360/\n * (\s)}:\radius); } \foreach \s in {1,3,5,7} { \fill[red] (\s) circle (.1); } \foreach \s in {0,...,7} { \fill (\s) circle (.05); } \end{tikzpicture} \quad \begin{tikzpicture}[scale=1] \def \n {6} \def \radius {1.5} \def \laenger {0.3} \draw (-\radius-\laenger,0) -- ( \radius+\laenger,0); \draw (0,-\radius-\laenger) -- (0, \radius+\laenger); \draw[lightgray, dashed] (0,0) circle (\radius); \foreach \s in {0,...,5}{ \coordinate (\s) at ({360/\n * (\s)}:\radius); } \foreach \s in {1,5}{ \fill[red] (\s) circle (.1); } \foreach \s in {0,...,5}{ \fill (\s) circle (.05); } \end{tikzpicture} Die primitiven Einheitswurzeln sind rot markiert. \caption{Achte und sechste Einheitswurzeln} \label{fig:ehw} \end{figure} \sideremark{Vorlesung 23}Bevor es weitergeht, erinnere ich noch einmal an Beispiel~\vref{bsp:ehw} und an die Notation, die dort eingeführt wurde: Die $n$.ten Einheitswurzeln waren genau die Nullstellen von $f_n$ im Körper $L_n ⊂ \overline{ℚ} ⊂ ℂ$. Die $n$.ten Einheitswurzeln bilden mit der Multiplikation als komplexe Zahlen eine zyklische Gruppe, die isomorph zu $ℤ/(n)$ ist. Eine $n$.te Einheitswurzel heißt \emph{primitiv}, falls sie die Gruppe erzeugt. Abbildung~\ref{fig:ehw} illustriert das am Beispiel der $6$.ten und $8$.ten Einheitswurzeln. Wir hatten in Beobachtung~\vref{beo:pe} auch schon diskutiert, wie viele primitive Einheitswurzeln es in der Gruppe der $n$.ten Einheitswurzeln jeweils gibt: Die Anzahl wird durch die Eulersche $φ$-Funktion gegeben. Um die Frage nach der Konstruierbarkeit des regulären $n$-Ecks vollständig zu beantworten, müssen wir noch ein paar Dinge über diese Funktion beweisen. \begin{satz}[Mupltiplikative Eigenschaften der Eulerschen $φ$-Funktion]\label{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion} Die Eulersche $φ$-Funktion hat folgende Eigenschaften. \begin{enumerate} \item\label{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_1} Für alle $n,m ∈ ℕ$ mit $\ggT(n,m) = 1$ gilt $φ(n·m) = φ(n)·φ(m)$. \item\label{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_2} Für alle Primzahlen $p ∈ ℕ$ und alle $α ∈ ℕ$ gilt $φ(p^α)=p^{α-1}·(p-1)$. \item\label{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_3} Für alle Tupel $(p_1, …, p_r) ∈ ℕ^r$ von paarweise verschiedene Primzahlen und alle Tupel $(α_1, …, α_r) ∈ ℕ^r$ gilt \begin{equation*} φ(p_1^{α_1} ⋯ p_r^{α_r}) = p_1^{α_1-1} ⋯ p_r^{α_r-1}·(p_1-1)⋯(p_r-1). \end{equation*} \end{enumerate} \end{satz} \begin{proof} Wir beweisen zuerst \ref{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_1}: seien Zahlen $n,m ∈ ℕ$ mit $\ggT(n,m)=1$ gegeben. Dann gilt nach dem Chinesischen Restsatz, Satz~\vref{Satz_Chinesischer_Restsatz}, \begin{equation*} \factor{ℤ}{(n·m)} ≅ \factor{ℤ}{(n)}⨯\factor{ℤ}{(m)}. \end{equation*} Ein Paar $(a,b) ∈ ℤ/(n) ⨯ ℤ/(m)$ ist genau dann eine Einheit, wenn $a ∈ ℤ/(n)$ und $b ∈ ℤ/(m)$ jeweils Einheiten sind. Also gilt \begin{equation*} \left|\left(\factor{ℤ}{(n· m)}\right)^*\right| = \left|\left(\factor{ℤ}{(n)}\right)^*\right|·\left|\left(\factor{ℤ}{(m)}\right)^*\right|. \end{equation*} Die Anzahl der Einheiten in der Gruppe $ℤ/(d)$ ist aber genau der Wert der $φ$-Funktion an der Stelle $d$. Aussage \ref{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_1} ist damit bewiesen. Für Aussage~\ref{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_2} beobachten wir, dass die Nicht-Einheiten in $ℤ/(p^α)$ exakt durch die Vielfachen von $p$ repräsentiert sind, also durch die Elemente $p, 2·p, 3·p, … , p^{α-1}·p = p^α$. Dies sind genau $p^{α-1}$ Elemente. Für die Einheiten bleiben also \begin{equation*} p^α - p^{α-1} = p^{α-1}·(p-1) \end{equation*} Elemente übrig, fertig ist der Beweis von \ref{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_2}. Die letzte Aussage~\ref{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_3} ist einfach eine Kombination von \ref{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_1} und \ref{Satz_Eigenschaften_Eulersche_Phi_Funktion_Aussage_2}. \end{proof} \section{Kreisteilungspolynome} Die $n$.ten Einheitswurzeln sind natürlich Nullstellen des Polynoms $x^n-1 ∈ ℚ[x]$. Leider haben wir schon in Beispiel~\vref{bsp:7.2.7} gesehen, dass diese Polynome im Allgemeinen nicht irreduzibel sind. Um die Kreisteilungskörper besser zu verstehen, müssen wir also die irreduziblen Faktoren diskutieren. Das kommt jetzt. \begin{definition}[$n$-tes Kreisteilungspolynom] Es sei $n ∈ ℕ$ eine Zahl. Bezeichne die primitiven $n$.ten Einheitswurzeln mit $ξ_1, …, ξ_{φ(n)}$. Das Polynom \begin{equation*} Φ_n := \prod_{i=1}^{φ(n)} (x-ξ_i) ∈ ℂ[x] \end{equation*} heißt $n$.tes \emph{Kreisteilungspolynom}\index{Kreisteilungspolynom}. Es gilt $\deg Φ_n = φ(n)$. \end{definition} Der folgende Satz fasst die wesentlichen Eigenschaften von Kreisteilungspolynomen zusammen. \begin{satz}[Wesentliche Eigenschaften von Kreisteilungspolynomen]\label{Satz_Wesentliche_Eigenschaften_Kreisteilungspolynom} Es ist $Φ_1(x)= x-1$. Für jede Zahl $n ∈ ℕ$ gilt die Gleichung \begin{equation}\label{eq:x2} x^n-1=\prod_{d|n}Φ_d(x). \end{equation} \end{satz} \begin{proof} Die Aussage über $φ_1$ ist trivial. Wenn eine Zahl $n ∈ ℕ$ und eine beliebige $n$.te Einheitswurzel $ξ$ ist, mit Ordnung $d := \ord ξ$, dann ist $ξ$ eine primitive $d$.te Einheitswurzel. Also ist $ξ$ eine Nullstelle von $Φ_d$ -- und von keinem anderen Kreisteilungspolynom $φ_{d'}$! Wir erkennen, dass auf der linken und der rechten Seite von \eqref{eq:x2} zwei komplexe Polynome stehen, deren Nullstellenmenge jeweils exakt die Menge der $n$.ten Einheitswurzeln ist. Außerdem haben sowohl die linke als auch rechte Seite von Gleichung \eqref{eq:x2} nur einfache Nullstellen. Außerdem sind linke und rechte Seite von Gleichung \eqref{eq:x2} normiert. Dann müssen die Seiten der Gleichung wohl übereinstimmen. \end{proof} \begin{beobachtung} Mit Satz~\ref{Satz_Wesentliche_Eigenschaften_Kreisteilungspolynom} kann man alle Kreisteilungspolynome ausrechnen. Um ein gegebenes Polynom $φ_d$ zu bestimmen, müssen wir nach Satz~\ref{Satz_Wesentliche_Eigenschaften_Kreisteilungspolynom} nämlich nur die $Φ_p$ zu kennen, wo $p$ ein Primteiler von $d$ ist. Für jede Primzahl $p$ gilt aber $x^p-1 = Φ_1(x)·Φ_p(x)$, und somit \begin{equation*} Φ_p(x) = \frac{x^p-1}{x-1} = x^{p-1} + x^{p-2} + ⋯ + x + 1. \end{equation*} \end{beobachtung} \begin{bsp}\label{bsp:2222} Betrachte den Fall $d = 6$. Es gilt $x⁶-1 = Φ_1(x)·Φ_2(x)·Φ_3(x)·Φ_6(x)$. Damit erhalten wir \begin{equation*} Φ_6(x) = \frac{x⁶-1}{(x-1)·(x+1)·(x²+x+1)} = x²-x+1 \end{equation*} \end{bsp} Das Beispiel~\ref{bsp:2222} zeigt insbesondere, dass das komplexe Polynom $Φ_6$ in Wirklichkeit ganzzahlige Koeffizienten hat! Der folgende Satz sagt, dass dies kein Zufall ist. Der (Induktions-)Beweis ist nicht schlimm kompliziert, aber ein wenig langwierig. Ich lasse ihn daher weg. \begin{fakt} Die Kreisteilungspolynome sind ganzzahlig und normiert. Mit anderen Worten: für alle $n ∈ ℕ$ ist $Φ_n(x) ∈ ℤ[x]$. \qed \end{fakt} Durch „Reduktion modulo $p$“ zeigt man folgenden Fakt, den wir hier ebenfalls nicht beweisen. \begin{fakt} Die Kreisteilungspolynome $Φ_n$ sind für alle $n ∈ ℕ$ irreduzibel. \qed \end{fakt} \section{Die Kreisteilungskörper} Wir hatten in Definition~\ref{def:ktk} den Zerfällungskörper des Polynoms $f_n(x) := x^n-1 ∈ ℚ[x]$ als $n$.ten Kreisteilungskörper über $ℚ$ genannt und mit $L_n/ℚ$ bezeichnet. Als Zerfällungskörper eines Polynoms ist $L_n/ℚ$ natürlich Galoisch, wir müssen jetzt die Galoisgruppe bestimmen. Wähle dazu eine primitive $n$.te Einheitswurzel $ξ$ und beobachte, dass dann $L_n = ℚ(ξ)$ ist. Das Minimalpolynom von $ξ$ kennen wir schon, es ist das $n$.te Kreisteilungspolynom $Φ_n$. Also ist \begin{equation*} [L_n : ℚ ] = \deg Φ_n = φ(n). \end{equation*} Die Galoisgruppe ist jetzt kein Geheimnis mehr. \begin{satz}\label{satz:ktk} Es sei $n ∈ ℕ$ eine Zahl. Die Galoisgruppe von $L_n/ℚ$ ist isomorph zur (multiplikativen) Gruppe der Einheiten in $ℤ/(n)$, also \[ \Gal\left( \factor{L_n}{ℚ} \right) ≅ \left( \factor{ℤ}{(n)} \right)^*. \] \end{satz} \begin{proof} \video{23-1} \end{proof} \section{Der Satz von Gauß über die Konstruierbarkeit des regulären \texorpdfstring{$n$}{n}-Ecks} Damit kommen wir zu einem der Ergebnisse, auf die wir das ganze Semester über hin gearbeitet haben: die vollständige Antwort auf die Frage nach der Konstruierbarkeit des regulären $n$-Ecks. Im Gegensatz zu allen anderen Sätzen, die immer nur zeigten, was man \emph{nicht} konstruieren kann, ist der folgende Satz unser erstes \emph{positives} Resultat. \begin{satz}[Positives Resultat zur Konstruierbarkeit]\label{Satz_von_Seite_197} Es sei $\{0,1 \} ⊂ M ⊂ ℂ$ eine Menge und es sei $z ∈ ℂ$ eine komplexe Zahl. Betrachte den Körper $K := ℚ(M∪\overline{M})$ und bezeichne mit $L$ den Zerfällungskörper $L$ des Minimalpolynoms von $z$ über $K$. Wenn $[L : K]$ eine Zweierpotenz ist, dann ist die Zahl $z$ aus $M$ mit Zirkel und Lineal konstruierbar \end{satz} \begin{proof} \video{23-2} \end{proof} \begin{bemerkung}\label{rem:svs197} Satz~\ref{Satz_von_Seite_197} ist noch nicht optimal, denn es gilt in Wirklichkeit mehr: wir werden in Bemerkung~\vref{bem:nedkp} sehen, dass die Zahl $z$ \emph{genau dann} aus $M$ mit Zirkel und Lineal konstruierbar ist, wenn $[L : K]$ eine Zweierpotenz ist. \end{bemerkung} \begin{satz}[Satz von Gauß]\label{Satz_von_Gauss} Das reguläre $n$-Eck ist aus $\{0,1 \}$ genau dann mit Zirkel und Lineal konstruierbar, wenn $n$ in folgender Form geschrieben werden kann, \[ n = 2^α·p_1⋯p_r, \] wobei $α ∈ ℕ$ ist und die $p_{•}$ paarweise verschiedene Primzahlen der Form $p_• = 2^{n_•}+1$ sind. \end{satz} \begin{proof} \video{23-3} \end{proof} \begin{bemerkung} Damit $2^μ+1$ eine Primzahl ist, muss $μ$ selbst eine Potenz von $2$ sein. Denn hätte $μ=m·l$ einen ungeraden Teiler $l$, so hätte man \begin{equation*} 2^μ+1 = (2^m+1)·\left(2^{m·(l-1)}-2^{m·(l-2)} ± ⋯ -2^l+1\right). \end{equation*} \end{bemerkung} \begin{bemerkung}[Fermatsche Primzahlen, aus \href{https://de.wikipedia.org/wiki/Fermat-Zahl}{Wikipedia}] Primzahlen der Form $F_n := 2^{2^n}+1$ heißen \emph{Fermatsche Primzahlen}\index{Fermatsche Primzahl}Im August 1640 vermutete Fermat, dass alle Zahlen dieser Form (die später nach ihm benannt wurden) Primzahlen seien. Dies wurde jedoch 1732 von Leonhard Euler widerlegt, der zeigte, dass die sechste Fermatzahl $F_5$ durch 641 teilbar ist. Man kennt außer den ersten fünf (3, 5, 17, 257, 65537) derzeit keine weitere Fermat-Zahl, die eine Primzahl ist, und vermutet, dass es außer diesen Zahlen auch keine weitere gibt. \end{bemerkung} \section{Ich hab' noch einen Koffer in … Göttingen} Satz~\ref{Satz_von_Seite_197} ist \emph{viel} besser, als er aussieht. Schauen Sie sich den Beweis genau an: Sie sehen, wie wir im Beweis aus einer \emph{Auflösungskette} für geeignete Galoisgruppen eine \emph{Konstruktions\-vorschrift} für den Punkt $z$ machen. Der Beweis ist also kein abstraktes Existenzresultat, sondern liefert (bei entsprechender Arbeit) eine konkrete Vorschrift, wie man an den gegebenen Punkt $z$ kommt -- ob der so erhaltene Konstruktionsweg dann immer besonders elegant oder praktisch gut umsetzbar ist, steht natürlich noch auf einem anderen Blatt. \begin{aufgabe} Warten Sie die Klausur ab. Wenn Sie überleben, kaufen Sie sich weiße Zauberkünstlerhandschuhe und fahren Sie nach Göttingen. Ziehen Sie sich gut an (sie müssen seriös wirken!) und begeben Sie sich in die Bunsenstraße 3--5. \begin{enumerate} \item Bewundern Sie das schlichte, lichtdurchflutete und funktionale Gebäude, das 1929 von David Hilbert und Richard Courant\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Courant}{Richard Courant} (* 8.~Januar 1888 in Lublinitz, Oberschlesien; † 27.~Januar 1972 in New York) war ein deutsch-amerikanischer Mathematiker.} eröffnet wurde, dessen Planung aber noch auf Felix Klein\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Klein}{Felix Christian Klein} (* 25.~April 1849 in Düsseldorf; † 22.~Juni 1925 in Göttingen) war ein deutscher Mathematiker.} zurückgeht. Der Bau wurde damals, vermutlich zu Ehren von Hilbert, von der amerikanischen Rockefeller-Stiftung finanziert. Er gilt noch heute als Meilenstein der Architektur. \item\label{il:f45} Betreten Sie die Bibliothek und bitten Sie die Bibliothekarin sehr höflich um „den Koffer“. Zeigen Sie ihre weißen Handschuhe. Lächeln Sie, um alle Umstehenden von ihren harmlosen Absichten zu überzeugen. \end{enumerate} \end{aufgabe} Wenn Sie im Schritt~\ref{il:f45} überzeugend aufgetreten sind, bringt Ihnen die Bibliothekarin den Koffer. Dabei handelt es sich um eine über 100 Jahre alte Holzkiste mit einem uralten Foliaten, in dem Johann Gustav Hermes auf über 200 großformatigen, fein beschriebenen Blättern das 65.537-Eck mit Zirkel und Lineal konstruiert. Mit ihren Handschuhen können Sie umblättern, ohne das alte Papier zu beschädigen. \href{https://www.zeit.de/2012/34/Algebra-Koffer-Johann-Gustav-Hermes/komplettansicht}{Die Zeit} schreibt über dieses etwas Zen-Buddhistisch angehauchte Konstruktionsprojekt: \begin{quotation} Ein filigranes Geflecht von Punkten, Linien und Kreisen breitet sich über die Seiten aus, verziert mit Anmerkungen und Erläuterungen in gut lesbarer Kurrentschrift. Dazu kommt eine Flut von Tabellen, Rechnungen und Koeffizientenschemata, die sich am Ende zu einem Zahlen- und Symbolmix gewaltigen Ausmaßes fügen. \end{quotation} Im Gegensatz zur „Zeit“ sahen die Göttinger Kollegen Hermes' Bemühungen damals recht kritisch: „Ich rechne ja auch nicht die binomische Formel für alle Werte bis 10.000.000 nach.“ Dennoch empfehle ich den Besuch. Bewundern Sie die feinen Konstruktionen und die enorme handwerkliche Qualität. Suhlen Sie sich in der Aura der Sinnlosigkeit. Beenden Sie Ihren Besuch, indem Sie sich die historische Sammlung mathematischer Modelle anschauen. \begin{aufgabe} Finden Sie heraus, warum das weltberühmte \foreignlanguage{english}{\emph{Mathematical Sciences Research Institute}} in Berkeley, Kalifornien die Adresse „\foreignlanguage{english}{17 Gauss Way}“ hat, obwohl das MSRI der einzige Gebäudekomplex in der Straße ist. Fahren Sie hin und schauen Sie sich die Tafel am Eingang an. Oder lesen Sie \href{https://www.msri.org/people/staff/levy/files/17gon/poster1.pdf}{hier}. \end{aufgabe} %%% Local Variables: %%% mode: latex %%% TeX-master: "AlgebraZahlentheorie" %%% End: