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\selectlanguage{german}
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\chapter{Rückblick und Ausblick}
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\label{chap:25}
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\section{Was ist in dieser Vorlesung eigentlich passiert?}
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Im 18.~Jahrhundert war Seefahrt gefährlich. Sehr gefährlich. Zwar pendelten um
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1704 jährlich mehr als 300 Schiffe zwischen England und den ``West Indies'', es
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kam aber durch Fehlnavigation regelmäßig zu verheerenden Katastrophen.
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Unzählige Schiffe verirrten sich auf dem Meer und die Besatzung verhungerte,
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verdurstete oder starb an qualvoll an Skorbut. Andere Schiffe fuhren auf
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Felsriffe oder gerieten versehentlich in feindliches Territorium.
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Das Problem: es ist zwar sehr einfach die geografische Breite eines Schiffes zu
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bestimmen\footnote{Man messe die Höhe des Polarsterns über dem Horizont!}, aber
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es gab keine Methode für die Messung der geografische Länge. Das
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``Längenproblem'' war für mindestens vier Jahrhunderte das zentrale Problem der
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europäischen Wissenschaft. Die größten Wissenschaftler der Zeit, darunter
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Galilei, Cassini, Huygens, Newton und Halley, versuchten, das Problem mithilfe
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von Astronomie zu lösen. Dabei fanden sie das Gravitationsgesetz, begründeten
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die Analysis, bestimmten das Gewicht der Erde, berechneten den Abstand der Erde
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zu einigen der näheren Fixsterne, entdeckten die Jupitermonde, erkannten die
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Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit und maßen deren Wert. Das Längenproblem
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lösten Sie nicht.
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Es gab noch andere, teilweise recht verzweifelte Ansätze. Im Krieg hatte man
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die Erfahrung gemacht, dass Wunden schneller heilen, wenn man die Waffe (nicht
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die Wunde!) nach der Tat mit \emph{Waffenbalsam} bestreicht; die Heilung ist
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aber sehr schmerzhaft. Also verwunde das englische Militär zahlreiche Hunde,
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die dann auf Schiffe verteilt wurden. Die Waffen blieben in London, wo sie
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genau zur Mittagszeit mit dem Balsam bestrichen wurden. Die aufjaulenden Hunde,
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so die Hoffnung, zeigten den Schiffen an, wann die Mittagszeit in London war.
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Der Navigator konnte dann aus dem Unterschied zur Lokalzeit die Länge bestimmen.
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Die Idee schien damals weniger abwegig als heute, denn man kannte Magnete und
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wusste deshalb, dass \emph{Fernwirkungen} existieren…. Wikipedia listet auf,
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\href{https://en.wikipedia.org/wiki/History_of_longitude}{was man sonst noch
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alles versucht hat}.
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Also blieb nur Koppelnavigation. Dava Sobel schreibt in ihrem
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\href{https://en.wikipedia.org/wiki/Longitude_(book)}{absolut lesenswerten
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Bestseller}\footnote{Haben Sie bald Geburtstag? Vielleicht interessieren Sie
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auch für die illustrierte Ausagabe \cite{SobelIll}.} \cite{Sobel}, aus dem ich
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meine Weisheit beziehe:
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\begin{quote}
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Launched on a mix of bravery and greed, the sea captains of the fifteenth,
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sixteenth and seventeenth centuries relied on ``dead reckoning'' to gauge
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their distance east or west of home port. […] The captain would throw a log
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overboard and observe how quickly the ship receded from this temporary
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guidepost. […] He routinely missed his mark, of course […] Too often, the
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technique of dead reckoning marked him for a dead man.
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\end{quote}
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Aber warum ist die geografische Länge so viel schwieriger zu messen als die
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Breite? Dava Sobel:
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\begin{quote}
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Here lies the real, hard-core difference between latitude and longitude ---
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beyond the superficial difference in line direction that any child can see:
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The zero-degree parallel of latitude is fixed by the laws of nature, while the
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zero-degree meridian of longitude shifts like the sands of time. This
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difference makes finding latitude a child's play, and turns the determination
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of longitude, especially at sea, into an adult dilemma --- one that stumped
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the wisest minds of the world for the better part of human history.
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\end{quote}
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In unserer Sprache würden wir sagen: Die geografische Breite ist ``kanonisch''.
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Die geografische Länge ist nicht kanonisch, sondern hängt von der Wahl des
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Nullmeridians ab, der statt durch Greenwich auch durch jeden anderen Ort
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verlaufen könnte.
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\subsection{Der Unterschied zwischen ``kanonisch'' und ``nicht-kanonisch''}
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Ich erzähle die etwas abschweifende Geschichte des Längenproblems, um auf den
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Unterschied zwischen ``kanonisch'' und ``nicht kanonisch'' hinzuweisen. Ich
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hoffe, dass Sie sich die Sache dann besser merken, denn dieser Punkt ist
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fundamental für die gesamte Mathematik und \emph{der} zentrale Punkt der
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gesamten Algebra-Ausbildung.
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\begin{itemize}
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\item Zwei Mengen der gleichen, endlichen Größe stehen zueinander in Bijektion.
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Die Bijektion ist aber nicht kanonisch. Das Maß für die Abweichung von
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``kanonisch'' ist die Menge der Bijektionen, also die Permutationsgruppe.
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Diese spielt in fast jeder Vorlesung eine Rolle.
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\item In der linearen Algebra haben wir gelernt, dass zwei Vektorräume der
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gleichen, endlichen Dimension zueinander isomorph sind, aber nicht kanonisch
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isomorph. Das Maß für die Abweichung von ``kanonisch'' ist die Menge der
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Symmetrien, also die allgemeine lineare Gruppe. Ein großer Teil der Vorlesung
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``Lineare Algebra II'' befasst sich mit diesem Thema: Jordan-Formen,
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Basiswechsel, Determinanten, Invarianten, Eigenräume, …
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\end{itemize}
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In dieser Vorlesung haben wir dasselbe Problem: die universelle Eigenschaft des
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algebraischen Abschlusses, Satz~\vref{Satz_K_Morphismus_Fortsetzung}, ist
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schwach. Zwei algebraische Abschlüsse, genau wie zwei Zerfällungskörper ein und
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desselben Polyoms, sind zueinander isomorph, aber nicht kanonisch isomorph. Das
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Maß für die Abweichung von ``kanonisch'' ist die Menge der Symmetrien, die in
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diesem Fall als Galoisgruppe bezeichnet wird. Die Erkenntnis, das die
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Galoisgruppe das Versagen der universelle Eigenschaft mißt und das durch ihr
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Studium wichtige Erkentnisse gewonnen werden können, ist der zentrale Punkt in
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dieser Vorlesung. Alles andere ist Beiwerk.
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\subsection{… und wie ging die Geschichte aus?}
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Die Lösung des Längenproblems war von enormer militärischer und
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volkswirtschaftlicher Bedeutung. Nach einem
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\href{https://en.wikipedia.org/wiki/Scilly_naval_disaster_of_1707}{besonders
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dramatischen Unfall}, bei dem die britische Krone vier Kriegsschiffe und über
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1.500 Seeleute verlor, verabschiedete das englische Parlament 1714 den berühmten
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\href{https://en.wikipedia.org/wiki/Longitude_Act}{Longitude Act}, in dem unter
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anderem ein gigantisches Preisgeld für die Lösung des Längenproblems ausgelobt
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wurde. Auch andere Staaten
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\href{https://en.wikipedia.org/wiki/Longitude_rewards}{lobten Preise} aus,
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gründeten Nationalakademien, investierten massiv in Militär und Wissenschaft und
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bauten astronomische Observatorien, …. Genutzt hat es nichts, denn das
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Längenproblem wurde letztlich nicht von Wissenschaftlern, sondern von einem
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Schreiner aus der englischen Provinz gelöst. John Harrison war ein genialer
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Techniker, dem es nach jahrzehntelanger Arbeit gegen Mitte des 18.~Jahrhunderts
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gelang, \href{https://de.wikipedia.org/wiki/L\%C3\%A4ngenuhr}{Längenuhren} zu
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bauen, also mechanische Uhren präzise genug für die Zwecke der Navigation waren,
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und robust genug für den Einsatz auf hoher See.
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Das Buch \cite{Sobel} erzählt die Geschichte von Harrison's Erfindung. Das Buch
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erzählt auch von den größten Wissenschaftlern aus Harrison's Zeit, die sämtlich
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am Längenproblem arbeiteten und trotz großer persönlicher Differenzen gemeinsam
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sehr viel Zeit und Mühe investierten, um Harrison durch operettenhaftes
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Intrigenspiel, Lügen und Verleumdungskampagnen zu runinieren und um sein
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Preisgeld zu betrügen.
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\section{Wie geht es weiter?}
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Wenn Sie ein Lehrbuch zum Thema ``Gewöhnliche Differentialgleichungen'' in die
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Hand nehmen, finden Sie ein wenig Theorie (Satz von Picard-Lindelöf,
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Konsequenzen aus der Eindeutigkeit der Lösung, Lebensdauer von Lösungen, ) und
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viele viele Rechenrezepte, mit denen man spezielle Differenzialgleichungen löst.
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In der Anfängervorlesung haben Sie das vielleicht schon beim Verfahren
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\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Variation_der_Konstanten}{Variation der
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Konstanten} gesehen: gegeben ist die Differenzialgleichung
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\begin{equation}\label{eq:ssa}
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y'(x) = a(x)·y(x) + b(x).
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\end{equation}
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Dann macht der Professor den ``Ansatz'', dass die Lösung von folgender Gestalt
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sein könnte
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\[
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y(x) = c(x)e^{A(x)}.
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\]
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Jetzt sind ``nur noch'' die Funktionen $c$ und $A$ zu bestimmen. Wie man an den
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Ansatz kommt, wird nicht erklärt.
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Die gewöhnlichen Differenzialgleichungen, die Sie in der kennen und kennenlernen
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werden, sind fast alle vom Lie'schen
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Typ\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Sophus_Lie}{Marius Sophus Lie}
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(* 17. Dezember 1842 in Nordfjordeid; † 18. Februar 1899 in Kristiania,
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heute Oslo) war ein norwegischer Mathematiker.}. Genau wie wir einem Polynom
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die Galoisgruppe des Zerfällungskörpers zuordnen, hat Sophus Lie einer
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Differenzialgleichung eine Gruppe zugeordnet, die man heute als
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\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Lie-Gruppe}{Lie-Gruppe} bezeichnet; im Falle
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der Differenzialgleichungen der Form \eqref{eq:ssa} ist das die Gruppe der
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invertierbaren $2⨯ 2$ oberen Dreiecksmatrizen,
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\[
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A := \left\{
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|
\begin{pmatrix}
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|
a & b \\ 0 & d
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|
\end{pmatrix}
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∈ \GL(2, ℝ)
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\right\}.
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\]
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Diese Gruppe ist auflösbar, und genau wie in Satz~\vref{Satz_von_Seite_197}
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(``Konstruierbarkeit mit Zirkel und Lineal'') gibt die Auflösungskette
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\[
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|
\left\{
|
|||
|
\begin{pmatrix}
|
|||
|
1 & 0 \\ 0 & 1
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|||
|
\end{pmatrix}
|
|||
|
\right\}
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|||
|
⊂
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|||
|
\left\{
|
|||
|
\begin{pmatrix}
|
|||
|
1 & b \\ 0 & 1
|
|||
|
\end{pmatrix}
|
|||
|
\::\: b ∈ ℝ
|
|||
|
\right\}
|
|||
|
⊂
|
|||
|
A
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|||
|
\]
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der Gruppe $A$ die Lösungsformel, die Sie als ``Variation der Konstanten''
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kennen.
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\begin{geheim}
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Fast alle Differenzialgleichungen, die Sie in einer typischen Vorlesung
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``Gewöhnliche Differenzialgleichungen'' kennenlernen, sind vom Lie'schen Typ.
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Fast alle Lösungsmethoden, die Sie dort kennenlernen werden, ergeben sich aus
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der Auflösbarkeit der zugehörigen Lie-Gruppen --- die
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\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Laplace-Transformation}{Laplace-Transformation}\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre-Simon_Laplace}{Pierre-Simon
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(Marquis de) Laplace} (* 28. März 1749 in Beaumont-en-Auge in der
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Normandie; † 5. März 1827 in Paris) war ein französischer Mathematiker,
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Physiker und Astronom. Er beschäftigte sich unter anderem mit der
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Wahrscheinlichkeitstheorie und mit Differenzialgleichungen.} ist eine
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bemerkenswerte Ausnahme.
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\end{geheim}
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Ich finde Auswendiglernen von Lösungsformeln ausgesprochen langweilig und schaue
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mir deshalb lieber die
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\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Riccatische_Differentialgleichung}{Riccatischen
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Differenzialgleichungen}\footnote{\href{https://de.wikipedia.org/wiki/Jacopo_Riccati}{Jacopo
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Francesco Riccati} (* 28. Mai 1676 in Venedig; † 15. April 1754 in
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Treviso) war ein italienischer Mathematiker. Er ist vor allem für seine
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Untersuchungen von Differenzialgleichungen und die Methoden zur Reduzierung
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der Ordnung von Gleichungen bekannt.} an; das sind Differenzialgleichungen der
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Form
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\[
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y'(x)=f(x)y²(x)+g(x)y(x)+h(x)
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\]
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mit gegebenen Funktionen $f$, $g$ und $h$. Wenn diese Funktionen nicht zufällig
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sehr speziell sind, ist die zugehörende Liesche Gruppe die spezielle lineare
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Gruppe $\operatorname{SL}(2,ℝ)$, und diese Gruppe ist definitiv \emph{nicht}
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auflösbar. Also \emph{kann} es keine Lösungsformel geben: Der Satz von
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Picard-Lindelöf garantiert zwar die Existenz von Lösungen, diese sind aber nicht
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in Termen der Funktionen $f$, $g$ und $h$ notierbar! Am Ende des Tages beweisen
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wir vielleicht den Satz, dass nur eine verschwindend kleine Nullmenge an
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Differenzialgleichungen überhaupt Lösungsformeln erlaubt…
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Wenn Sie mehr wissen wollen, dann schauen Sie einmal in das fantastische Buch
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\cite{MR947141}. Und googlen Sie nach ``Galois theory for differential
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equations''.
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\subsection{Reklame für weiterführende Veranstaltungen in Algebra}
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Besuchen Sie im SS21 die Vorlesung ``Kommutative Algebra und Algebraische
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Geometrie'' und kommen Sie in unser Seminar!
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Es wird oft gesagt, Algebra und Geometrie seien zwei Seiten derselben Medaille.
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In der Vorlesung machen wir diese Aussage konkret: es gibt eine \emph{Äquivalenz
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von Kategorien} zwischen gewissen algebraischen Ringen und gewissen
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geometrischen Räumen -- es gibt in diesem Sinne keinen Unterschied zwischen den
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Gebieten, und jeder Satz der Algebra ist ein Satz der Geometrie und umgekehrt.
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Der Witz bei dieser Äquivalenz ist, das Algebra gut zum Rechnen ist und
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Geometrie gut für die Anschauung, durch das Zusammenspiel erhält das Gebiet
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seinen Reiz. Dabei ist es natürlich \emph{nicht} immer so, dass ``einfache''
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Begriffe der Algebra besonders ``anschaulichen'' Begriffen der Geometrie
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entsprechen -- manchmal muss man ganz schön arbeiten um zu sehen, was passiert!
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Auf meiner \href{https://cplx.vm.uni-freiburg.de/de/research-ag/}{Web-Seite}
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finden noch ein wenig mehr Propadamaterial.
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%%% Local Variables:
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%%% mode: latex
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%%% TeX-master: "AlgebraZahlentheorie"
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%%% End:
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